Eingerührt: sexy Ur-Getreide

Martina Nachtsheim
Urbrot-Bäckerin
© courtesy of M. Nachtsheim

Via Internet lernt man die interessantes-
ten Leute kennen. Manchmal auch erst auf den 2.Blick. So geschehen mit Martina Nachtsheim, die mir auf Twitter begegnet ist…

Irgendwann irgendwie im österreichischen Waldviertel gelandet, ist sie mehr als begeistert von den alten Getreidesorten, mutierte zur leidenschaftlichen Brot-Bäckerin, hat ein Herz für ehrliche, echte Lebensmittel und ist zutiefst davon überzeugt, dass die Lebensqualität zunimmt, wenn die Landwirtschaft wieder an Lebendigkeit gewinnt. Als Befürworterin des bio-dynamischen Landbaus engagiert sie sich als Demeter-Vorständin. Summa summarum ein kritisch-fröhlicher Mensch, Bloggerin (Wegwartehof) und Zwitschererin (Twitter). Für multikulinarisches berichtet sie von Brotback-Abenteuern mit Ur-Getreiden und im 2. Artikel (in Kürze) gibt es ein Rezept für Fusions-Ciabatti…

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Waldviertler Ur-Getreide ist sexy
Zwei biodynamische Bauern, eine Urgetreide-begeisterte Berliner Wienerin, eine Waldviertler Biocatererin und ich wolltens ganz genau wissen. Wir haben uns für ein Wochenende zusammengefunden und Brot gebacken bis der Ofen glühte. Wir wollten unsere Ur-Getreidesorten auf Du und Du abtesten und herausfinden, welche Kombinationen uns am allermeisten Freude machen. Was uns am besten schmeckt und was unseren Verkostungs-Gästen am besten zusagt.
Und so viel sei gesagt – Brotbacken im Team ist eine spannende Herausforderung – und es ist jede anstrengende, schweißtreibende Minute wert. Die Ur-Getreide sind einfach sexy – und das Brot schmeckt unvergleichlich!

Brote aus Ur-Getreide
© courtesy of M. Nachtsheim

Brot ist unsere Kultur
Es war einmal – sagen wir vor ca. 10.000 Jahren, da haben sich die Menschen niedergelassen und begonnen Viehzucht und Ackerbau zu betreiben. Und genau zu der Zeit haben die Menschen auch begonnen Brot zu backen. Das waren anfangs Fladen auf heißen Steinen. Doch bald hat sich eine regionale Vielfalt an Getreiden, Würzen, Konsistenzen und Formen entwickelt. Emmer, Einkorn, Waldstaude und Gerste waren die Getreide, die den längsten Abschnitt unserer Kulturgeschichte Gesundheit und Geschmack prägten. Irgendwann ging es dann nur mehr darum, den Ertrag zu erhöhen und mehr zu erhöhen und noch mehr zu erhöhen. Die Getreidesorten und die Brote passten sich schließlich einer industrialisierten, gewinnoptimierten Einheits-Gesellschaft an.

Eine ganz subjektive Ode an das Waldviertel
Das Waldviertel ist eine wirklich urige Gegend. Hier herrscht raues Hochlandklima und irgendwie wirkt der Eiserne Vorhang immer noch. Österreich war zwar immer im Westen, aber dass die rege Verbindung nach Böhmen einfach abgeschnitten wurde hat das Waldviertel zu einer Art Sackgasse gemacht. Die Landschaft ist flachhügelig von Wald und Feldern geprägt, eine arme Gegend – faszinierend, aber sicher nicht liebreizend. Und eigentlich wollte ich da nie hin. Und dann ists trotzdem irgendwie passiert.

Hier sind mir so viele besondere Menschen begegnet, dass mich die Gegend nicht mehr loslässt. Die Dichte an biodynamischen BäuerInnen ist höher als in jeder anderen Region Österreichs. Und wenn mir diese ehrlichen BäuerInnen die Geschichte der alten Getreide-Sorten erzählen und die Sorgfalt mit der sie hier wieder angebaut werden, dann bekomm ich eine Gänsehaut.

Objektiv ist das Waldviertel eine arme Region. Ganz subjektiv gibt es hier unglaubliche Schätze. Sie heißen Rainer, Andreas, Traude, Brigitte, Martin, Fritz… Sie heißen Waldstaude, Emmer, Einkorn, Dinkel.

Echtes Brot macht Freude
Die meisten Bäckereien backen nur noch mit fertigen Backmischungen, die Supermarktfilialen und die Gastronomie arbeiten mit vorgefertigten Teiglingen und die Körnerbrote sind mit Malz eingefärbt und haben nie einen Hauch von Vollkornmehl gespürt. Und fast alles Brot schmeckt gleich, gleicher am gleichesten – und ist so unspannend wie eingeschlafene Beine.

So hat es angefangen, mit mir und dem Brotbacken – ich wollte einfach wieder richtig gutes Brot. Und dann sind die faszinierenden Ur-Getreide dazu gekommen. Und so hat es angefangen mit uns und dem gemeinsamen Brotbacken. Was soll ich sagen – ich kanns mir nicht mehr anders vorstellen, denn echtes Brot macht Freude!

veröffentlicht am: 09.06.2010

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1 Kommentar(e)

  • Nun mach mir nicht den Mund wässrig, jetzt will ich doch a u c h wissen, wie so ein urwüchsiges Brot schmeckt und wie man dessen Herstellung händelt.
    Hoffentlich ist Bestandteilbeschaffung und Kreation nicht z u aufwändig und umständlich, schließlich schreibst Du ja was von Schweiß und so…

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