Süßwasserfisch-Steckbrief #15: Schleie

Schleie Steckbrief
Schleie
von Unbekannt [Public domain], via Wikimedia Commons

Süßwasser­fisch Nummer 15 beim Mitmach­event ist ein in unseren Teichen und Seen – selbst im win­zigsten Tümpel – häufig anzu­tref­fendes, golden glänzendes Schätzchen.

Die Schleie war 2007 sowohl in Deutschland als auch in Österreich Fisch des Jahres. Literarisch wurde dem schönen Fisch, der auch als Zierfischlinie gezüchtet und gehalten wird, im Märchen von der verwunschenen Prinzessin (‚Auf sanften Flügeln durch das Land der Phantasie‘ von Evelyne Bechmann) gehuldigt und m.E.n. verdient die Schleie auch kulinarische Aufmerksamkeit.

 
Schleie

Namen:

latein: Tinca tinca
deutsch: Schleie, Schlei, Schleichkarpfen, Schlie, Schley, Schlüpfling, Schuster (u.A. siehe Übersicht)
englisch: Tench

Den Namen Schleie verdankt diese der Schleimschicht, die die darunter liegende Lederhaut mit den winzigen Schuppen überzieht.

Stammbaum:

Gruppe: Knochenfisch (Osteichthyes)
Klasse: Strahlenflosser (Actinopterygii)
Ordnung: Karpfenartige (Cypriniformes)
Familie: Karpfenfische (Cyprinidae)
Unterfamilie: Tincinae
Gattung: Tinca
Art: Schleie (Tinca tinca)

Die Schleie ist systematisch isoliert und wird als einzige Art und Gattung einer eigenen Unterfamilie (Tincinae) innerhalb der Karpfenfische (Cyprinidae) zugeordnet.

Aussehen:

  • langer, etwas gedrungener, seitlich abgeflachter Körper
  • dunkel olive bis gold-gelbe glänzende Farbe
  • schleimige Haut mit kleinen Rundschuppen
  • abgerundete Flossen
  • gerade abschließende Schwanzflosse
  • endständiges Maul mit 2 kurzen Barteln
  • orang-rote Augen
  • Länge 20 bis 40 cm (max. 70)
  • Gewicht bis 7 kg
Schleie
Schleie
von Karelj (Eigenes Werk) [Public domain], via Wikimedia Commons

Gefährdung:

Sowohl auf der Internationalen Roten Liste (IUCN), als auch auf der nationalen Roten Liste der Fische und Neunaugen wird Schleie als nicht gefährdet eingestuft.
Obwohl die Schleie durch den Rückgang submerser Wassserpflanzen und die regelmäßigen Sauerstoffdefizite am Grund vieler innerstädtischer Gewässer bedroht ist, wird die Schleie auf Grund ihres zahlreichen Vorkommens nicht den gefährdeten Fischarten zugerechnet.

Schonzeiten:

Baden-Württemberg:
15. 05. bis 30. 06.

Hessen:
01.05. – 30.06.

Vorkommen:

Schleien haben ein großes Verbreitungsgebiet, das sich von Westeuropa bis Sibirien erstreckt. Die Schleie wurde allerdings nahezu weltweit eingeführt (siehe Schleien-Vorkommen)
In Brandenburg wurde in über 1000 Gewässern Schleie nachgewiesen (Brämick 1998), weshalb sie zu den häufigsten Fischarten des Berliner Umlands gerechnet werden kann.

Schleien sind limnophil, d.h. sie bevorzugen stehende oder langsam fließende Gewässer. Sie leben in flachen, reich bewachsenen Teichen und Seen mit schlammigem Grund. Sie beanspruchen verkrautete Uferregionen mit submersen Wasserpflanzen als Laichsubstrat.
Die vorsichtigen Schleien gehen in vielen Gewässern nur nachts oder bei nebligem und bedeckten Wetter auf Nahrungssuche. Tagsüber verstecken sich die lichtscheuen Schleien häufig regungslos zwischen Unterwasserpflanzen.

Kommen Karpfen und Schleien als Besatzfische gemeinsam in einem geschlossenen Gewässer vor, treten beide Arten häufig in direkte Nahrungskonkurrenz zueinander. Die aktiveren Karpfen sind in der Lage, bei knappem Nahrungsangebot die Schleienpopulation zurückzudrängen.

Besonderheit:

Schleien zeigen (genau wie die Karausche) eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit an geringe Sauerstoffsättigungswerte. Dank der Fähigkeit zur Kälte- und Hitzestarre, ist es ihnen möglich, kurzfristig auch extremen Sauerstoffmangel zu überleben, weshalb Schleien auch in kleinen Tümpeln, Tonkuhlen, Moorstichen und stark verkrauteten Waldteichen (teils als einzige Fischart) anzutreffen sind.

Schleien neigen durch schlechtere Umweltbedingungen und Fehlen einer gesunden Raubfischpopulation sehr stark zur Verbuttung. Diese Schleien sind dann ab einer Größe von 15 Zentimetern geschlechtsreif und wachsen dann kaum weiter.

Nahrung:

Die Nahrung der Schleie besteht überwiegend aus wirbellosen Bodentieren wie Schnecken, Muscheln, Würmern und Insektenlarven. Auch pflanzliches Material wird nicht verachtet.

Nutzung:

Schleie ist ein beliebter Angelfisch, aber wegen seines schmackhaften Fleisches auch fischereiwirtschaftlich genutzt.
Als geschätzter Speise- und Angelfisch werden Schleien-Bestände durch Besatz aus Teichwirtschaften gestützt. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts werden durch künstliche Befruchtung und durch Auslese schnellwüchsiger Tiere gute Erfolge in der Zucht erzielt.

Dennoch werden in der Teichwirtschaft aufgrund ihres wesentlich schnelleren Wachstums mehr Karpfen und Forellen als Schleien erzeugt. Die Schleie gilt als Nebenfisch der Karpfen-Teichwirtschaft, sie spielen eine wichtige Rolle als Besatzfische für Angelvereine. Schleien wurden züchterisch nicht so intensiv bearbeitet wie Karpfen.

Die Aquakultur von Schleie spielt in Deutschland laut FAO-Statistik kaum eine Rolle (erstmalig 161 t in 2012), während in Frankreich in der zweiten Hälfte der achziger Jahre und seit Mitte der neunziger Jahre kontinuierlich Schleie in Aquakultur gezüchtet wurde (zwischen 500 und 1600 t). In Spanien wurden in den 80er Jahren bis zu 400 t Schleie pro Jahr gezüchtet. Österreich produziert seit Ende der 90er Jahre zwischen 3 und 15 t pro Jahr.

Über die Tatsache, dass die Schleie zuweilen als „Doctor Fish“ betitelt wird herrscht geteilte Meinung. Zum einen wird dem die Schleie umgebenden Schleim eine heilende Wirkung gegen Fieber, Gelbsucht, Kopf- und Zahnschmerzen zugeschrieben (lt. Wikipedia). Krünitz dagegen sagt:

„Andere hingegen verabscheuen diesen Fisch, obgleich aus einem unrichtigen Vorurtheile; indem man glaubt, daß er andern Fischen nachlaufe, wenn sie krank sind, und ihnen das unreine Geblüt und einen schorfartigen Ausschlag absauge, und nennen ihn daher auch den Fischdoktor, welches auch der Holländische Name Schvenmaker anzuzeigen scheint.“

Kulinarisch:

Die Schleie ist ein geschätzter Speisefisch und gilt als schmackhafter als der Karpfen. Ihr Fleisch wird als fest, grätenreich und fettarm beschrieben. Häufig wird sie sowohl frisch als auch geräuchert angeboten.

Auch wenn Krünitz von der Fleischqualität und Schmackhaftigkeit der Schleie nicht überzeugt scheint, wie die folgende Aussage belegt:

„Das Fleisch dieses Fisches ist sehr weichlich, und auch eben nicht schmackhaft, jedoch wird er von mehreren Leuten sehr gern gegessen; „

… so nennt er doch einige vielversprechend klingende Zubereitungsvarianten.

– Schleye in Braunbier gekocht
– Schleye zu backen
– Fricassée von Schleyen mit weißer Sauce
– Fricassée von Schleyen mit brauner Brühe
– Schleye zu füllen
– Schleye gefüllt und auf dem Roste gebraten
– Schleye zu mariniren
– Schleye kalt zu essen
– Schleyen-Potage (die Schleie wird zerkleinert und in die eigene Haut gewickelt gegart; anschließend mit verschiedenen Beilagen zu einer Art Auflauf verarbeitet)
– Schleyenpasteten
– Schleyen-Torte (eine Art Pie)

Auch im Buch ‚A treatise on the management of fresh-water fish‘ von 1841 findet sich eine interessante Zubereitungsart für Schleie, nämlich mit pikanter Schinken-Soße. Die Schleie wird mit heißem Essig vorbehandelt und anschließend mit Zwiebel, Nelke, Lorbeerblatt und Zitronenschale gekocht. Schinkenstückchen werden braun gebraten und passiert. Anschließend wird Mehl und Zwiebel mit angeschwitzt, mit Brühe und Essig (2:1) abgelöscht und mit Zitronenschale, Nelke und ein wenig Zucker aufgekocht. Die Soße wird über den Fisch gegeben und das ganze mit Speckscheiben garniert.

Rezeptvorschläge:
Gedämpfte Schleien-Röllchen auf Kohlrabi-Carpaccio
Gefüllte Schleie nach Clusaner Art
Schleie im Bratschlauch
Frittierte Schleien auf Jerte-Art
Gebratene Schleie in Dillsauce
Schleie mit Kräuter und Tomaten

Quellen und weiterführende Links:

Schleie auf Wikipedia
Schleie auf fishbase.org
Namen der Schleie im catalogue of life
Statistiken zur Fischzucht in Aquakultur (FAO)
Schleie auf der Roten Liste IUCN
nationale Rote Liste der Süßwasserfische und -Neunaugen (Stand 2009; PDF)
Fischbestände in Deutschland (interaktive Karte)
Schonzeiten Deutschland

Literatur:

Zeitschrift für Fischkunde – Fische und Fischerei in Berlin (Supplementband 2; 2003) vom VNW Verlag Natur & Wissenschaft
Oekonomische Encyklopädie von J. G. Krünitz

veröffentlicht am: 10.04.2014

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2 Kommentar(e)

  • Manchmal hat so ein Kunde auswärts durchaus was Gutes. Kommt man nämlich beim Fischer vorbei. Mein Herr Schatz und Mittagskocher jedenfalls. Und ich erteile den Marschbefehl. Schleie mit dicken Bohnen und Zitronen-Estragon-Soße © multikulinar

  • Schleien sind echt schöne Fische, das herrliche Grün und die roten Augen geben einen tollen Kontrast. Die Tinca´s sind aber für uns Angler sehr schwer zu fangen, weil von Natur aus sehr vorsichtig im Gegensatz zu Rotaugen oder Brassen. Gegessen habe ich selbst noch keine. Wenn man mal eine fängt, wird die Schleie meist wieder schonend zurückgesetzt. Bei uns in Brandenburg gibt es die in fast jeden See oder Tümpel. Die größeren Exemplare werden bis 60 cm groß.

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