© courtesy of Markthalle IX
Hatte ich gestern beim ‚Wir haben es satt!‘- Demo-Rückblick erwähnt, dass es zum Aufwärmen Protestsuppe gab und dass Rapunzel Schokolade und Nüsse verschenkt hat?
Nein? Also, für die Protestsuppe wurde ausschließlich Gemüse verwendet, das nach geschriebenen und ungeschriebenen Normen vernichtet worden wären, aber 100% genusstauglich war.
Eine fröhliche Crew von Freiwilligen hat am Vorabend der Demo in der Markthalle IX unter Anleitung von Demo-Koch Wam Kat und musikalisch beflügelt von DJ decent und DJ Fog Puma knubbeliges und krummes Gemüse geschnippelt was das Zeug hält.
Leider war bei der Demo die Genehmigung für eine lange Tafel zum gemeinsam Essen verweigert worden. So wurde die Protestsuppe denn dezentral an verschiedenen Ständen ausgeteilt und wärmte ordentlich auf.
Erwähnenswert ist noch, dass unter den ‚Wir haben es satt!‘-Demonstranten eine große Anzahl Bäuerinnen und Bauern waren, denen die deutsche und EU-Agrarpolitik ebenfalls mächtig stinkt….
Soviel als kurzer Nachtrag zur Demo selbst.
Wie angekündigt, habe ich mir Gedanken gemacht, welche im Alltag gut umzusetzende Ratschläge ich uns geben kann, um als Verbraucher die industrielle Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion nicht zu unterstützen.
Einiges hängt vom Geldbeutel ab, Anderes ist durchaus mit kleinem Einkommen machbar. Es sind lediglich Vorschläge, die zum Nachdenken, bewussterem Einkaufen und eigenen Ideen anregen sollen.
Lasst mich bitte auch Eure Ideen und Vorschläge aus Verbrauchersicht wissen.
keine vorbearbeiteten Lebensmittel konsumieren
Fertiggerichte und anderweitig verarbeitete Lebensmittel enthalten meist Eier aus Käfighaltung, in den USA neuerdings auch Zellulose (!) als Ballaststoff, massig Zucker und reihenweise Es, die darin nichts zu suchen haben. Am gesündesten (oft genau so schnell) und wohlschmeckendsten ist selbst Gemachtes (Mittagessen, Marmeladen, etc.).
sofern erreichbar, Fleisch lieber beim Metzger kaufen
Das Fleisch beim Metzger stammt nicht zwangsläufig aus artgerechter Haltung, aber kann zumindest bis zum Hersteller zurückverfolgt werden. Es stammt in der Regel auch nicht aus den Konzernen, die Supermärkte und Discounter beliefern, erhält also kleinere Höfe und den Handwerksberuf. Idealerweise kommt das Fleisch von einem kleinen Schlachthof, die ebenfalls in ihrer Existenz bedroht sind.
je nach Geldbeutel regelmäßig oder gelegentlich auf dem Markt bzw. im Hofladen einkaufen
Das macht nicht nur Riesen-Spaß, sondern man kauft ehrliche Produkte zu ehrlichen Preisen und unterstützt die Bauern und Produzenten aus der Region, die auf dem Markt ihre Ware anbieten.
saisonal und regional kaufen
Wer nicht auf dem Markt einkaufen kann, der kann auch im Supermarkt weise Entscheidungen treffen. Obst und Gemüse, die gerade Saison haben (und damit die besten Wachstumsbedingungen versus unter Plastikplanen bei Kunstlicht) den weit gereisten Produkten vorziehen. Probieren Sie Gemüse aus, die gerade wieder aus der Versenkung auftauchen und tragen damit zu wachsender Nachfrage nach eben diesen vergessenen Sorten bei.
Essensreste einfrieren statt entsorgen
Wenn nach dem Kochen etwas übrig bleibt, am nächsten Tag als Resteessen (ggf. mit anderen Zutaten kombinieren) verspeisen oder einfrieren. Bei Ebbe in der Vorratskammer oder im Portemonaie freut man sich über derartige TK-Fundstücke umso mehr…
unpopuläre Fleischschnitte, Knochen und unzerteiltes Geflügel kaufen
Wenn nicht mehr nur Hühnerbrust und Filetstücke gefragt werden, sondern Tiere vollständig (samt Innereien) verwertet werden können, ist in ethischer und kulinarischer Hinsicht viel gewonnen. Außerdem werden dann ein paar weniger Fleischreste nach Afrika verschifft, die Welthunger nicht stillen sondern anfeuern (s.o.)…
Außerdem lassen sich aus den Knochen und anderweitig nicht benötigten Fleischabschnitten Fonds kochen, die an dieser Stelle den Kauf von Fertigprodukten überflüssig machen und mit Sicherheit besser schmecken.
generell weniger Fleisch konsumieren
Wir haben unseren Fleischkonsum (zumindest beim Mittagstisch) stark eingeschränkt und vermissen nichts.
Klar muss man wissen, dass und vor allem WIE, ein Mittagessen auch ohne Fleisch schmackhaft und sättigend zubereitet werden kann. Und zwar ohne gefürchtete Grünkernburger und Dinkelkekse. 😉
Ein Vorbild in Sachen konsequentem partiellen Fleischverzichts ist Bloggerin Ulrike von Küchenlatein, die jeden Donnerstag fleischlos kocht und bloggt. Ebenso findet man Ideen und Rezepte für fleischlose Gerichte in den meisten Foodblogs, die ihre vegetarischen Gerichte entweder als solche kennzeichnen oder in einer eigenen Rubrik zusammenfassen. Eine kleine Auswahl:
Küchenlatein: vegetarischer Donnerstag
Küchentanz – vegetarisch
Fool for food – vegetarisch
Chili & Ciabatta – vegetarisch
Cosycooking – vegetarisch
Foodfreak – vegetarisch
Barbaras Spielwiese – vegetarisch
Einfach Guad – vegetarisch
zum weiter stöbern:
Foodblogs (deutsch u. engl.)
Ausnahmslos fleischlose und köstliche Gerichte gibt es im vegetarischen Blog ‚Mestolo‘ und weniger, aber ebenso tolle im fleisch- und fischlosen Blog ‚Butter bei die Fische‘:
Mestolo.com
Butter bei die Fische
Wer noch Platz auf dem Kücheregal kann auch zu einem dieser empfehlenswerten vegetarischen Kochbücher greifen:
deutsch:
englisch:
Bio
Leider ist bio nicht gleich bio. Wegen der wachsenden Popularität und Nachfrage werden Biolebensmittel inzwischen oft im Ausland und häufig in Monokultur angebaut.
Es gibt verschiedene Gütesiegel, die Auskunft über Regionalität, Standards der Tierhaltung (z.B. artgerechte Haltung und Fütterung) und erlaubter Inhaltsstoffe geben.
Liste der Bio- und Umweltsiegel (für Details, jeweiliges Logo anklicken)
beim Kauf von Fisch auf MSC-Siegel achten
Auch Fische haben’s nicht leicht. Überfischung, Raubbau-Fangmethoden, teils grauslige Bedingungen in Aqua-Kulturen, etc.
Das MSC-Siegel zertifiziert Fisch aus umweltschonender und bestandssichernder Fischerei.
Info zum MSC-Siegel
Plastikverpackungen meiden
Nicht nur aus gesundheitlichen Aspekten, sondern auch der Umwelt zuliebe, Getränke, Öl und sonstige Lebensmittel in Plastikverpackungen im Regal stehen lassen (sofern Alternativen zu haben sind). Plastik ist unverrottbar und bereitet bereits massive Umweltprobleme.
Plastikmüll im Meer
Mir ist übrigens völlig unbegreiflich, wieso dem grassierenden Trend zur Plastikverpackung kein Riegel vorgeschoben wird. Dosenpfand ging doch auch… Hallo Politiker, jemand zu Hause????
[Ergänzung v. 27.01.2012]
Folgende, gestern vergessene Punkte sind ebenfalls sinnvoll und leicht umzusetzen:
Brötchen und Brot beim (echten) Bäcker kaufen
Deutschland war mal berühmt für seine Brote. Dieses positive Image ist zwar in Teilen noch vorhanden, aber bar jeder Realität.
Brote und Brötchen kommen hierzulande in Massen als Fabrikware in Supermärkte und sogenannte Backshops. Wenigstens dürfen sich per Gesetz die Blender nicht länger als ‚Bäckerei‘ definieren. Denn gebacken wird dort nicht, allerhöchstens aufgebacken.
Der Kauf beim Bäcker erhält das Handwerk.
Aber auch beim Bäcker ist nicht mehr alles Gold was glänzt, bzw. Brot, was danach aussieht. Naja, Brot ist es schon, aber kein handwerklich mit Sauerteig oder Hefe geführter Teig, sondern oftmals mit Fertigmischungen (inclusive fragwürdiger Inhaltsstoffe) aufgeblasener Teig.
Leider wird gutes Brot derzeit von den Medien zu Luxus stilisiert, sollte aber die Norm sein. Deshalb fragen Sie beim Bäcker ruhig nach, ob das Roggenbrot mit Sauerteig bzw. das Weizenbrot mit Hefe gebacken wurde. Derlei Nachfragen können (trotz Preisdruck der Konkurrenz) evtl. Bäcker motivieren, sich auf die Qualitäten ihres Handwerks zurück zu besinnen.
Oder man versucht sich selbst mit Brot backen. Da es sich um ein Handwerk handelt, beherrscht man es i.d.R. nicht sofort, aber mit gutem Sauerteig und Hilfestellung z.B. der Brotbackenden Foodblogger, kann man es zu ganz ansehhnlichen und schmackhaften Broten bringen.
meine bescheidenen Versuche:
multikulinarisches – Brot
die Profis:
Plötzblog
Chili & Ciabata – Brot & Brötchen
Kochtopf – Brot & Brötchen
Schnuppschnüssihr Manzfred – Brot & Brötchen
Küchenlatein – Brot
keine Eier aus Bodenhaltung kaufen
Die Eier aus wirklich guter Haltung finden sich nur auf dem Markt (von kleinen Höfen) oder im Hofladen. Danach würde ich die Bioeier einsortieren und dann mit Abstrichen Eier aus Freilandhaltung. Was ich aber generell meide, sind Eier aus Bodenhaltung.
Nach einer Sendung mit Björn Freitag, der bezüglich Eier-Qualität und Haltungsformen recherchiert hatte, fühlte ich mich in dieser intuitiven Entscheidung bestätigt.
Bodenhaltung heißt auf mehrere Etagen (eine Art Regal) gepfropftes Geflügel. Die Hühner können sich zwar theoretisch frei bewegen und umher flattern, aber Platz dafür ist nicht wirklich. Außerdem sehen sie keinen einzigen Strahl Tageslicht. Noch nicht mal durch Fenster oder so. Also Finger weg… 😉
Upps, das war ja jetzt ein ganzer Verhaltenskodex… Aber bei so einem wichtigen Thema darf man einfach nicht die Klappe halten oder wegschauen. In diesem Sinne, guten Appetit!
Ich hab grad überlegt, aber mir fällt eigentlich nichts mehr ein, was ich an Fertigprodukten verwende. Also kommt sicher drauf an, wie man das genau definiert.
Und zum Glück ist in meinem Blog die vegetarische Abeteilung die am besten gefüllte, dicht gefolgt von der veganen. Ganz ohne Fleisch würde ich aber auch nicht leben wollen.