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Beim Kurzurlaub in Dresden anlässlich Klassentreffen (25 Jahre soll Schule schon her sein?) stand auch das unweit Dresdens gelegene Prädikatsweingut Schloss Proschwitz auf meinem Programm. Dr. Georg Prinz zur Lippe, Inhaber und Geschäftsführer des Weingutes, hatte ich bei der GutsWein im vergangenen Jahr kurz kennen gelernt. Diesen roten Faden wollte ich nun aufnehmen und seinem Weingut einen Besuch abstatten. Ich hatte mich bereits im Vorfeld erkundigt und angekündigt. Alles war bereit und selbst das Wetter zeigte sich von seiner allerbesten Seite.
Das Weingut Proschwitz befindet sich in einem hübsch restaurierten Vierseitenhof im kleinen Örtchen Zadel oberhalb der Porzellan-Stadt Meißen. Neben dem Weinkeller und den Büros sind dort eine gemütliche Pension, ein vorzügliches Restaurant und – für Vor-Ort-Verkostung und Verkauf – eine Vinothek untergebracht.
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Diese war auch unsere erste Anlaufstelle, nachdem uns (mein Herr Schatz war zu diesem Zeitpunkt mit dabei) Herr Fiedler vom Marketing mit einem herrlich kühlen Pinot Rose, einem Spätburgunder-Rose-Sekt aus der Sektkellerei Speyer, begrüßt hatte. In dem angenehm temperiertem Raum der Vinothek zeigte uns Herr Fiedler Fotos vom traurigen Zustand des 300 Jahre alten Gehöfts, bevor es in seinen jetzigen schmucken Zustand versetzt wurde.
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Die Familie Prinz zur Lippe war bis 1918 eines der regierenden Fürstenhäuser Deutschlands und ist mit vielen Familien des europäischen Hochadels verwandt. Der Zweig, dem Dr. Georg Prinz zur Lippe angehört, ist seit dem Beginn des 18.Jh. in Sachsen ansässig und zählte dort zu den bedeutendsten Unternehmerfamilien. Im 2. Weltkrieg wurde die Familie allerdings entschädigungslos enteignet (erst von den Nazis, dann von den Siegermächten) und später nach Westdeutschland ausgewiesen. Im Gegensatz zu seinen Geschwistern wurde Dr. Georg Prinz zur Lippe nicht an der Elbe geboren, kehrte aber als Einziger 1990 nach Sachsen zurück.
Dort kaufte er Stück für Stück das Weingut seiner Familie und im Jahr 1997 nach langjähriger Verhandlung auch den Familiensitz, Schloss Proschwitz, wieder zurück. Das inzwischen teilweise für Ackerbau genutzte Land musste komplett neu kultiviert werden, ein Weinkeller komplett neu installiert werden (da der ursprüngliche im Schloss in den ersten Jahren nicht verfügbar war) und der stattdessen als Weingut geplante Vierseitenhof von Grund auf saniert und renoviert werden. Dazu kamen seit 1997 die Restaurierungsarbeiten am Schloss Proschwitz, welches zuvor als Heim für geistig behinderte Menschen genutzt worden war. Auch bei unserem Rundgang im Schloss wurden Pinsel geschwungen.
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Im Weingut Schloss Proschwitz war man von Beginn an darauf bedacht, durch Qualität zu überzeugen. So wurde die Güte der Weine z.B. durch eine Erweiterung der standardmäßig 2m betragenden Reihenabstände im Weinberg auf 2,20m, dessen Begrünung (ökol. Gleichgewicht) und gezielte Ertragsreduktion sicher gestellt. Außerdem werden 12 verschiedene Rebsorten (mittelreife und spätreife Sorten) angebaut um bei den unterschiedlichsten Wetterbedingungen Jahr für Jahr stabil eine Auswahl hochwertiger Weine liefern zu können.
Zudem bieten die ausgezeichnete südliche Disposition der Weinberge, das günstige Mikroklima des Elbtales, sowie die nahezu ideale Bodenkombination aus Lößlehm und Graniturgestein von Natur aus günstige Bedingungen für exzellente Weine.
Die beachtliche Leistung, innerhalb kürzester Zeit ein zu 100% privates Unternehmen dieser Komplexizität, Qualität und Finesse aufzuziehen, verdankt Dr. Georg Prinz zur Lippe in erster Linie seinem eigenen Fleiß, Risikobereitschaft und persönlichem Einsatz, sowie seinen exzellenten, handverlesenen Mitarbeitern der ersten Stunde.
Zu diesen zählen unter Anderem Walter Beck, der für den gesamten Weinanbau verantwortlich zeichnet, Martin Schwarz, der Kellermeister und Herr Bohn vom Marketing. Dr. Georg Prinz zur Lippe ist von Berufs wegen kein ausgebildeter Winzer, sondern Unternehmensberater, Diplomagrarwirt und Dr. der Ökonomie. Die Symbiose von hochspezialisierten und dem Weingut Proschwitz treu ergebenen Fachkräften, sowie unternehmerischem Engagement, Know-How und Kreativität seitens des Geschäftsführers bescherte dem Weingut Proschwitz seine 2. Blüte. Mit 34 Weinen (plus einer Reihe Brände) aus 12 Rebsorten auf inzwischen 87ha (davon 50 rechtselbig) ist das Weingut Schloss Proschwitz sowohl das älteste (800 Jahre), als auch größte private Weingut Sachsens und dessen Weine feste Instanz auf vielen Getränkekarten der gehobenen Gastronomie.
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Im Jahr 1996 wurde das
Weingut Schloss Proschwitz
als erstes sächsisches Weingut in den VDP (Verband Deutscher Prädikatsweingüter) aufgenommen (seit 2010 sind es 2).
Nach dem Austausch mit Herrn Fiedler übernahm Herr Adelmann, Besitzer des Weinguts Graf Adelmann. Dieser sympatische junge Mann durchläuft auf dem befreundeten Weingut eine Art Praktikum, um vor allem die praktischen Aspekte von Weinanbau und Ausbau zu studieren, bevor es diese im eigenen Betrieb zu managen gilt. Er zeigte mir den Keller mit modernster Technik, das sehr geschmackvoll gestaltete Restaurant (mir hatten es die von Künstler Kai Leonhard kreierten Speisekarten besonders angetan) und das in neuer Pracht erstandene Schloss.
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Zum Abschluss der sehr aufmerksamen Betreuung durch die Weinguts-Mitarbeiter führte uns Herr Beck, ein sehr netter Badener und Weinbergs-Häuptling zu seinen Rebstöcken am Elbhang. Er erklärte mir und einer jungen Mitarbeiterin, warum die Laubwand soundso hoch und der Reihenabstand soundsoweit sein muss, welche Auswirkungen das Wetter und evtl. Krankheitserreger haben, wie sich aus den winzigen Blütenständen Trauben entwickeln und wie deren Qualität durch gezielte Ausdünnung beeinflusst werden kann. Und das alles bei 33°C ohne Sonnenschirm…
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Wegen seiner vielfältigen Angebote und Veranstaltungen (im Schloss residiert eine eigens hierfür gegründete Veranstaltungsagentur) empfielt sich ein Ausflug an die Elbhänge bei Meißen sehr. Als Tagesausflug von Dresden oder gleich ein ganzes Wochenende mit Weinverkostung in der Vinothek, Konzert oder Lesung im Schloss, exzellenter Küche im Restaurant und Übernachtung in der sehr gemütlichen Pension…
Ich bereue jedenfalls nicht, mich bei Gluthitze auf den Weg gemacht zu haben. Im Gegenteil! Ich habe wunderbare Menschen getroffen, einiges über Weinan- und ausbau erfahren und eine neue Facette meiner alten Heimat kennen gelernt. Besonders gefallen haben mir die sehr freundliche, offene, fast familiäre Atmosphäre im Betrieb, sowie die Herzlichkeit und Intensität mit der Besucher jeglicher Art gegrüßt und umsorgt werden. Vielen Dank an Herrn Fiedler, Herrn Adelmann und Herrn Beck für Gespräch und Führung, sowie Frau Berg für die Organisation!
Managermagazin über Dr. Prinz zur Lippe und das Weingut Schloss Proschwitz
Fotos (Facebook)
Oh, das klingt gut, ich wäre gern dabeigewesen…
Ich hab das „leidende“ Schloß noch mit eigenen Augen gesehen und den Prinzen in Gummistiefeln tatenfroh vor einem Traktor oder sowas, habe in der Sonne auf rustikaler Bank oberhalb seines Weinbergs gesessen und einen wunderbaren Wein genossen – tropfenweise fast..
Ein Fest für die Sinne!