Barbara Radl kennt sie alle. Sie hat sich auf mono-kulinarische Reise begeben und landauf, landab Currywurst-Filialen besucht. Für Freunde der Kultwurst und Neugierige hat sie ein Büchlein namens ‚Currywurst-Führer‘ zusammen gestellt. Dort finden sich in schwarz-weiß große und winzige, berühmte, schrille, bescheidene und einzigartige Outlets der beliebtesten Wurst der Deutschen diesseits des Weißwurst-Äquators.
Dass die Currywurst ein beachtliches Come-back feiert, dürfte selbst eingefleischten Currywurst-Abstinenzlern nicht verborgen geblieben sein. Zu dieser Volksgruppe zähle ich gewissermaßen auch. Seit meine Lieblingswurstbude am S-Bahnhof Warschauer Straße samt umliegender DDR wegrationalisiert wurde, habe ich keine Currywurst mehr vertilgt (jedenfalls Keine, die in Erinnerung haften geblieben wäre). Nein, nicht aus Protest… Wohl eher, weil ich eh kein großer Fan von gekochten und gebratenen Würsten bin und neue gesamt-deutsche Snacks favorisiere (wenn überhaupt).
Zurück zum in Imbisstischdecken-Manier rot-weiß karierten Buch:
Gleich zu Beginn gibt es eine Deutschlandkarte mit den Standorten der vorgestellten 55 besten Currywurstbuden der Republik. Dann allgemeine Infos zu Herkunft (da gibt es keine absolut verlässlichen Quellen, dafür aber viele selbst ernannte Heimatstädte der Currywurst), Variationen (mit und ohne Darm, regionale Besonderheiten) Entwicklung und Wissenswertem zur Currywurst.
Die Currywurst war und ist (mal abgesehen von mir) der Deutschen liebster Imbiss. Hierzulande werden jährlich 800 Millionen Currywürste (=1500 Würste pro Minute) verspeist. Im VW-Werk in Wolfsburg wird gar eine eigene Currywurst für die Mitarbeiter in der betriebseigenen Fleischerei hergestellt. Diese kam zeitglich mit dem ersten VW Polo 1974 auf den Markt bzw. die Speisekarte.
Dann geht’s um die Wurst. Nach Städten sortiert, werden Buden und Inhaber portraitiert. Damit man schnell herausfinden kann, ob ein Currywurst-Laden zu Einem passen könnte, steht neben sw-Foto bereits im Aufmacher eine Mini-Einschätzung a la: ‚Designerbude. Ostwurst. Hipp und Modern‘, ‚Schöne Lage. Solides Angebot. Für Frühaufsteher‘, ‚Gemütliche Biobude. Tofuwurst. Szenig, Alternativ, Öko‘, ‚Edelimbiss vor Historischer Kulisse. Ausgefallene Wurstkreationen. Touris‘ oder ‚Kultbude der 80er. Zur Wurst gibt’s Kaffee gratis. Bunt gemischtes Publikum‘ oder aber ‚Kultbude. Wurst mit Geheimsoße. Ü 30‘.
Im Text gibt es dann nähere Infos zu Lage, Ausstattung, Konzept, Machern, Wurst und sonstigem Angebot der jeweiligen Bude. Ebenso wird beleuchtet welches Fleisch in welcher Qualität zum Einsatz kommt, ob Vegetarier außen vor bleiben oder nicht, ob Würste und/oder Soßen selbst gemacht sind oder nicht und – letztendlich – welches Publikum warum den Laden heimsucht.
Die Rede ist unter anderem von
- (Ost)Berlins berühmtester Currywurstbude unter den U-Bahn-Gleisen im Prenzl’berg (Konnopke’s Imbiss),
- dem Promi-verwöhnten Pendant am Kudamm im ehemaligen Westteil der Stadt (Bier’s Kudamm 195),
- einem ehemaligen Banker, der nun Frankfurter Bürger statt Fonds füttert (Worscht-Börse),
- einem weiteren Frankfurter, der sich mit freiem Glühwein und Regenschirm liebevoll um seine Gäste kümmert (Best Worscht in Town)
- die Düsseldorfer Currywurst-mit-Blattgold-Trendsetter (Curry),
- Dortmunds 2-geschossigem Fastfoodtempel mit riesigen Glasfenstern, Holzdielen mit Riesenangebot (Der Thüringer Curry)
- Hamburgs Currywurstbuden-Überflieger, der als erster Imbiss in den Gault Millaut aufgenommen wurde (Curry Queen),
- eher uninspirierte Kost mit super Aussicht (Imbiss am Alten Elbtunnel),
- zwei gebürtigen Stuttgarterinnen, die in Dresden ein stylishes, mit dem Sächsischen Staatspreis für Kommunikationsdesign ausgezeichnetes Currywurst-Etablissement führen. Ohne Darm, wie es sich für Ost-Currywurst gehört… (Curry & Co.)
- Mannheim’s szeniges Currywurstrestaurant mit jeder Menge hausgemachter Soßen und Wurst-Fondue für Gruppen (Koeripike)
- Currywurst vom Kalb oder vom Schwäbisch-Hällischen Landschwein, zubereitet vom Sternekoch Holger Stromberg in München (Curry 73).
Dies ist nur eine kleine Auswahl der vorgestellten Currywurstbuden. Jede einzelne Adresse hat ihren Charme, besondere Angebote, Schärfeskalen und Fleischvariationen bzw. Qualitäten und scheint mir, einen Besuch wert…
Das Buch macht definitiv Appetit auf Currywurst! Wem das noch nicht reicht, kann beim nächsten Berlin-Besuch einen Abstecher in’s Currywurstmuseum einplanen…
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