essbare Wildpflanzen-Session beim FoodBloggerCamp

In der Zusammenfassung des vergangenen Wochenendes hatte ich ja schon erwähnt, dass ich für die Session (Vortrag) zum Thema essbare Wildpflanzen keine Mühe gescheut und im Halbdunkel die Umgebung nach Anschauungsmaterial abgegrast hatte.

FoodBloggerCamp Berlin 2015 Session zum Thema essbare Wildpflanzen
FoodBloggerCamp Berlin 2015
Session zum Thema essbare Wildpflanzen
Foto: nu3.de

Am Sonntagmorgen zu Beginn der Session breitete ich die gesammelten Werke aus, die ich auf meinem Besen, äh per Auto ins Kochatelier befördert hatte. Meine aufmerksamen Zuhörerinnen rätselten und kosteten sich durch Beeren, Nüsse, Tee, getrocknete Kräuter und eingelegte Blüten. Einiges war bekannt und wir hatten einen angeregten Austausch über Erkennungs- und Verwendungsmöglichkeiten der unterschiedlichsten Pflanzen. Auch ich habe ordentlich dazu gelernt. Beispielsweise, dass Fränkische Krapfen traditionell mit Hagebuttenmus befüllt sind. Viel besser als die Chemiewaffen in Berliner Pfannkuchen!

In der Schatztruhe dabei hatte ich einen Zweig Schlehen zur Ansicht. Schlehen sollte man besser nach den ersten Nachtfrösten ernten. Übrigens sind sie in diesem Jahr sensationell üppig. Mit anderem Obst gemischt machen sich Schlehen hervorragend in Marmelade bzw. pur im Likörglas.

Ebenfalls stachelig, waren die mitgebrachten Hüllen der Esskastanien, auch Maronen genannt. Dass man Maronen nicht nur als Weihnachtsmarkt-Snack schätzt, sondern daraus allerlei herzhafte und süße Gerichte, aber auch Brot zaubern kann, zeigt die stetig wachsende Rezeptsammlung zur Esskastanie.

Esskastanien / Maronen
Esskastanien = Maronen
© Wildkraut & Wanderschuh

Die ornamentalen Hüllen der Baum-Haselnuss wurden als solche gar nicht erkannt, erst bei näherem Hinsehen …

Baum-HaselHaselnuss vom Strauch
Baum-Hasel vs. Strauch-Haselnuss
© Wildkraut & Wanderschuh

Zudem hatte ich eine Neuentdeckung im Gepäck, bei deren Identifizierung mir die hilfreiche Facebook-Gruppe essbare Wildpflanzen geholfen hatte. Die fast Apfelgroßen Früchte, die mir zuerst im Gras auffielen, bevor ich sie am Baum wahrnahm, sind Schwarznüsse. Die heißen so und haben nichts mit eingelegten Walnüssen ähnlichen Namens zu tun. Unter der dicken, zitronig duftenden Schale, verbirgt sich die steinharte Nuss, die nur mit Spezialknacker zu öffnen geht und deren Inneres essbar ist. Falls man die Schale geknackt bekommt. Das nenne ich mal ’ne harte Nuss …

SchwarznussSchwarznuss
Schwarznuss mit und ohne Hülle
© Wildkraut & Wanderschuh

Für Sanddorn hatte die Sammelzeit abends nicht mehr gereicht. Außerdem konnte ich mich partout nicht mehr an den genauen Standort des kürzlich entdeckten Strauchs erinnern. Barbara ist Zeuge, dass es am Sonntag morgen ganze 5 Minuten gedauert hat, um ein weiteres Exemplar ausfindig zu machen …
Sanddorn findet man zu Hauf an der Ostsee, gelegentlich auch an ehemaligen Kiesgruben, auf Brachen und Kiefernwaldlichtungen. Er schmeckt sehr sauer, ist reich an Vitamin C und lässt sich herrlichst karamellisiert in Desserts und Kuchen, aber auch herzhaft in Sößchen, etc. verwenden.
Wie man Sanddorn vom Zierstrauch Feuerdorn unterscheidet und was man alles damit anstellen kann, habe ich meiner Serie PflückStück beschrieben.

Die hübschen leuchtend roten Kornelkirschen, ein in Vergessenheit geratenes Wildobst und ebenfalls reich an Vitamin C, konnte ich nur verschrumpelt und nachgedunkelt vorführen. Die sind bereits jenseits von gut und böse bzw. sorgsam in Alkohol eingelegt. Wie Kornelkischen zu erkennen und vielfältig zu verwenden sind, lest ihr im PflückStück Kornelkirsche.

Kornelkirschen und mehr
Kornelkirsche – verschrumpelt und als Likör
Foto: nu3.de

Ähnlich mühsam zu verarbeiten wie Kornelkirschen sind Hagebutten, von denen ich einen Anschauungszweig und eine Schüssel zum Puhlen dabei hatte. Mein Zuhörerinnen waren so nett, beim Ausnehmen der Hagebutten zu helfen, so dass wir mittags spontan mit Hagebutten und Frischkäse gefüllte Brat-Pimentons machen konnten. Das ebenfalls mitgebrachte Hagebuttenmark (von mir und dem Mittagskocher höchstpersönlich durch die Flotte Lotte gepresst), wurde von zwei charmanten Bloggerinnen zu Hagebutten-Apfel-Chutney veredelt.

Für Herbstgenüsse hätten eigentlich auch Bucheckern (in kleinen Mengen zu genießen) und Beeren vom Schwarzen Holunder (Achtung nicht roh verzehren!) Mirabellen, Kirschpflaumen und Zibarten (Urform der Pflaume) auf den Tisch gehört. Teilweise sind diese Früchte aber schon durch. Zu finden sind sie alle. Selbst hier am Rande der Millionenstadt Berlin. Vermutlich um so mehr bei dir um die Ecke …

Ein paar konservierte Sommersonnenstrahlen hatte ich auch mit an Bord:

  • getrockneten Beifuß (wächst fast überall; da freut sich die Weihnachtsgans)
  • Pastinaksamen (Pastinak ist als Kulturform bekannt, aber auch wild zu finden; Verwendet werden Wurzeln, Blätter (sehr würzig) und Samen – Letztere als Gewürz z.Bsp. für Beizen)
  • Brennnessel – getrocknet für Tee, frisch für Suppen, als Gemüse (teils mit Spinat od. anderem Wildgemüse gemischt) und für Aufläufe (siehe Brennessel-Rezepte)
  • Brennnesselsamen (sehr gesund; kann aufs Brot oder in Salate getreuselt oder in Brot verbacken werden)
  • getrockneter Dost (eine Art wilder Majoran)

Den Sommer verlängern kann man übrigens auch mit den Blüten der Kanadischen Goldrute (nicht zu verwechseln mit dem giftigen Goldregen; vereinzelt immer noch frisch zu finden), die einen ansehnlichen, schmackhaften Tee ergeben, sowie den Wurzeln der Echten Nelkenwurz, die als Tee gekocht, jeden Yogi-Tee in den Schatten stellen, aber auch als Würze für Soßen, etc. taugen. Mehr dazu im Beitrag Wilde Drinks.

Tee aus Blüten der Kanadischen Goldrute
Tee aus Blüten der Kanadischen Goldrute
© Wildkraut & Wanderschuh

Nach dem Anschauungsmaterial wandten wir uns den eingelegten Blüten und Früchtchen zu. Während die in Öl eingelegten Nachtkerzenknospen als Delikatesse gelten, sind auch in Öl eingelegte Blüten von Spitz- und Breitwegerich nicht zu verachten. Die kann man mit ihrem Champignon-Aroma auch direkt in Salate geben.
Den Liköransatz mit Vogelbeeren konnten wir vorerst nur olfaktorisch genießen (feiner Geruch nach Bittermandel), verkosteten aber die in Honig eingekochten Vogelbeeren mit Spannung. Ich selbst war mir nicht sicher, wie die schmecken. Beim Einkochen noch recht bitter, war das Ganze mittlerweile eher honigsüß mit Bittermandelnote im Abgang. Beim nächsten Mal würde ich ggf. die Honigmenge sogar um ein Drittel reduzieren … Vogelbeeren erntet man, wenn sie schon ordentlich Frost abbekommen haben, oder legt sie – wie ich – vor der Weiterverarbeitung für ein bis zwei Wochen in die Tiefkühltruhe.

Vogelbeeren und Liköransatz
Vogelbeeren und Liköransatz
© Wildkraut & Wanderschuh

Auch wenn die Meinungen über den Geschmack der in Honig eingelegten Vogelbeeren (Rezept folgt demnächst) auseinander gingen und die Pastinaksamen nebst Staunen auch hochgezogene Augenbrauen hervorriefen, blieb unter dem Strich Verwunderung und Faszination über die Vielfalt an essbaren Wildpflanzen (ich kenne ja bislang auch nur einen Bruchteil) und die sich daraus ergebenden vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten.

Letzte Zweifel wurden mit einem knallroten Schluck Kornelkirschlikör weggespült.

Highlight bei der Wildpflanzen-Session
Das Highlight bei der Wildpflanzen-Session
Foto: Jasmin (Nordlicht im Schwarzwald)

Für Jene, die angefixt sind, paar Sammeltipps für Anfänger:

  • gutes Bestimmungsbuch besorgen (meine Empfehlung: Essbare Wildpflanzen von S.G.Fleischhauer)
  • niemals auf Google-Bildersuche verlassen, da dort oftmals auch Bilder anderer Pflanzen erscheinen (Bsp. bei Sanddorn werden auch Bilder des Feuerdorns angezeigt)
  • auch die beste FB-Gruppe macht Fehler; werden dort Hilfen zur Bestimmung gegeben, nicht ungeprüft darauf verlassen; immer nochmal mit Hilfe von Wikipedia bzw. Bestimmungsbuch abgleichen
  • beim Bestimmen auf Übereinstimmung ALLER Merkmale achten (Farbe, Anordnung Früchte und Blätter, Größe, Blattform, Geruch, Stielquerschnitt, etc.)
  • unbekannte Pflanzen niemals kosten, geschweige denn essen
  • nur Pflanzen(-teile) essen, die zweifelsfrei (also mit 200%iger-Sicherheit) identifiziert wurden
  • mit einfach zu bestimmenden Pflanzen wie Wegerich, Brennnessel, Knoblauchsrauke, Taubnessel, Gundermann, Holunder, Schlehen, Heidelbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Kornelkirschen, Vogelbeeren beginnen und peu a peu dazu lernen
  • bei Spaziergängen und Fahrradausflügen immer die Augen offen halten und verschließbare Plastikdosen oder Tüten an Bord haben

Ansonsten freue ich mich, falls ihr gelegentlich in meinem Blog vorbei schaut, wo ich ab und an mit essbaren Wildpflanzen koche und backe bzw. in der Serie PflückStück – passend zur Saison – Wildkräuter, Wildgemüse und Wildobst vorstelle (incl. Rezeptsammlung). Falls ihr Rezepte in euren Blogs habt, die in der Sammlung fehlen, gebt mir gern Bescheid.
Noch Fragen? 🙂

veröffentlicht am: 16.10.2015

noch mehr Appetit holen

Senf dazu geben

6 Kommentar(e)

  • Liebe Peggy,
    ach, jetzt ärgere ich mich, dass ich deine Session verpasst habe aber man kann eben nicht auf allen Hochzeiten tanzen und vom Kornelkirschenlikör habe ich ja noch ein Schlückchen abbekommen 😉
    Das ist ja der Wahnsinn, was da draußen alles wächst, an dem wir vorbei gehen. Letztes Jahr habe ich wie verrückte Hagebutten gesammelt und davon ein Muss gekocht und es in einem Eiswürfelportionierer eingefroren und gern zu kräftigen Braten verwendet. Ansonsten standen dieses Jahr Holunderblüten als auch Beeren bei mir zur Verarbeitung aber dann hört es auch schon auf. Danke für deinen schönen Bericht.
    Liebe Grüße
    Doreen

  • Du bist schuld daran, dass ich jetzt ständig an den Wegesrand starre und überlege ob da vielleicht was essbares wächst oO Und auf der Buchmesse hatte ich tatsächlich Büchlein zu essbaren Wildpflanzen in der Hand… Dabei geht das nicht, ich will mich doch erstmal mit Einkochen/Einmachen/Fermentieren auseinander setzen. Das ist erst mal genug ^^

  • Die Session lag in der Tat ein wenig ungünstig, aber ich musste den ursprünglich anvisierten Slot für die Macarons freimachen. Ich wäre sonst auch gern bei der Kooperations-Session dabei gewesen.

    Aber wenn du bereits Holunderbeeren und Hagebutten verarbeitetst, bist du doch schon gut dabei. Toll! Dann einfach im Winter nach Vogelmiere Ausschau halten, ab Frühjahr noch bissl weiteres Grünzeug mit auf den Speiseplan nehmen und nächsten Herbst an der Beerenfront aufrüsten. 😉
    Ich lerne auch jedes Jahr neu dazu und lass auch mal was stehen. Sprich, ich habe gar nicht die Zeit, alles was man das Jahr über sammeln und verarbeiten könnte auch abzuarbeiten. Die Sache soll ja Spaß machen und nicht in Stress ausarten …

  • Hihi, das kenne ich! So fing das bei mir auch an. Wie auch immer, ich hoffe, die Lust an/auf Wildpflanzen bleibt dir erhalten. Viel Spaß auch mit der anderen Thematik! Letztendlich lassen sich die zwei bestimmt auch kombinieren. 😉

  • Huch, da wär ich aber auch sehr gern dabei gewesen. Zum Glück gibts hier die Zusammenfassung und viele tolle weiterführende Links.
    Tolles und spannendes Thema! Ich bin dann mal lesen 😉

  • Schade, dass das Interesse an Kooperationen größer als das an Schätzen der Natur war (wobei ich besagte Session auch gern angehört hätte).
    Ich hoffe, die Zusammenfassung macht ordentlich Appetit und du bist nächstes Mal dabei. 🙂

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