…und Gemüse in mobilen Beeten gibt es seit Juli letzten Jahres mitten in Berlin im Rahmen eines community garden Projektes.
Community gardens haben gewisse Konjunktur, seit diese Form urbaner Landwirtschaft nicht nur im Krisen-gebeutelten Kuba, sondern auch von Trendsetter New York vielfach praktiziert wird.
Robert, einer der beiden Initiatoren der Berliner ‚Prinzessinengärten‘ hatte eine Zeit lang in Kuba gelebt, wo staatlich gefördert Freiflächen in Städten zum Anbau von Lebensmitteln genutzt wurden. Dieses Konzept brachte er mit nach Hause und begann gemeinsam mit Marco Planung und Realisierung für einen community garden in Berlin-Kreuzberg.
Neulich hatte ich eine e-mail im Verteiler, die für dieses Jahr den Beginn der Pflanzsaison in den Prinzessinengärten ankündigte. Das war die Gelegenheit, mich den freiwilligen Helfern anzuschließen und mir ein Bild von diesem Projekt zu machen. So bin ich gemeinsam mit einer Freundin vergangenen Samstag zum ‚Subotnik‘ in die Prinzessinengärten ausgerückt…
Zuerst einmal erinnerte das Gelände mit Reihen gestapelter roter und grauer Kisten, sowie den großen Containern an einen Lagerplatz. Bei genauerem Hinsehen entdeckte ich in einigen der Kisten frisches Grün und in einem der Container sogar eine Bar. Diese versteckte sich hinter bepflanzten Trögen und Büschen und lud zum Verweilen ein.
Die andere Seite der Brachfläche, wo schon eine Hand voll Helfer zu gange war, wirkte unaufgeräumt mit einer Ansammlung von Geäst-, Erd-, Kompost-, Mist und sonstiger Haufen. Wie sich aber schnell heraustellte, war dieses vermeintliche Chaos unser effizient durchdachtes und bereitgestelltes Handwerkszeug zum fachgerechten Bau mobiler Beete. Alle Handgriffe waren auf Folien gut erklärt, so dass jeder Helfer nur einer kurzen Einweisung bedurfte und schnell selbständig arbeiten konnte. Während die Einen Schubkarren balancierten, Äste zerkleinerten, im Kameldung wühlten oder Kartoffel-Pflanzsäcke falteten, bestückten andere Helfer die fertigen Beete mit den extern angezogenen Kräuter- und Gemüsepflänzchen (Kohlrabi, Fenchel, Schnittlauch, Pimpinelle u. Thymian). Insgesamt haben wir 160 Körbe präpariert, sprich ca. 20 Quadratmeter neue Beete geschaffen, sowie 50-60 Säcke für Kartoffelpflanzen (auch alte Sorten) vorbereitet.
© multikulinarisch.es
Als Lohn der Mühe gab es für alle Helfer eine köstliche Kartoffelsuppe, die Tina für uns gekocht hat und frischen Feldsalat aus den mobilen Beeten als Nachtisch. Einziger kleiner Minuspunkt war das Fehlen kostenfreier Getränke für Helfer oder ein Hinweis auf den etwas versteckten Wasserhahn, um Trinkflaschen auffüllen zu können. Vielleicht beim nächsten Mal…
© multikulinarisch.es
Wie meistens bei ehrenamtlichem Engagement waren alle Helfer mit großem Eifer und viel Spaß bei der Sache. Mir fiel auf, dass an Fremdsprachen lediglich englisch zu vernehmen war. Das ist etwas schade, wenn man bedenkt, dass in unmittelbarer Nachbarschaft ein sehr hoher Anteil türkisch- und arabisch-stämmiger Menschen wohnt. Aber wie mir die Initiatoren Robert und Marco versicherten, gehen die Aktivitäten und nachbarschaftlichen Kontakte weit über das am Samstag erlebte hinaus…
Unser urbanes Grün ist ein öffentlich zugänglicher Ort, der neben der biologischen auch die kulturelle und soziale Vielfalt befördern soll. In Form von kollektiven Gartenbau- aktionen, an denen mehrerer hundert Interessierte und Nachbarn teilnehmen, einem „Gartenarbeitstag“ und unterschiedlicher Bildungs- und Kulturangebote beziehen wir die unterschiedlichen städtischen Kulturen, Milieus und Lebensformen aktiv in unseren Garten ein.
Warum sollte es nicht möglich sein, eine ungenutzte Brachfläche zu neuem urbanen Leben zu erwecken? Ein Ort, an dem ein Kreuzberger Jugendlicher, seine gärtnerisch versierte Mutter aus der ersten Migrationsgeneration, eine Professorin der Agrarwissenschaften, ein Gartenaktivist aus New York, eine junge bürgerliche Familie und eine Biobäuerin aus einem Brandenburger Hofprojekt zusammentreffen, miteinander arbeiten, voneinander lernen und gemeinsam das Selbstangebaute verspeisen, Rezepte austauschen und sich entspannen? Und der Moritzplatz soll nur ein Anfang sein. Unsere Beete sind mobil und können unabhängig vom vorgefunden Boden auch auf Hausdächern und an Wänden Nutzgrün schaffen.
Kurz gesagt: was uns vorschwebt ist eine konkrete Utopie im Kleinen. Ein Versuchslabor für die nachhaltige Stadt der Zukunft.
Ab diesem Donnerstag ist jeweils Donnerstags bis Sonntags und ab Mai täglich geöffnet. Man kann im open air Cafe entschleunigen oder an den Gartenarbeitstagen (immer Donnerstags ab 15 Uhr) an der Verwirklichung dieser Utopie mitwirken. Wer zudem an den größeren Arbeitseinsätzen teilnehmen möchte, lässt sich am besten in den e-mail-Verteiler aufnehmen, um zu wissen, wann in welcher Form Hilfe benötigt wird. Eine weitere Möglichkeit, diesen community garden zu unterstützen, ist durch Beetpatenschaften.
Die Einnahmen aus der Gastronomie, sollten diese irgendwann die Ausgaben für Miete und Material übersteigen, fließen in soziale Projekte. Einige dieser Projekte laufen bereits jetzt schon (Stadtsafari mit Jugendlichen, Zusammenarbeit mit 2 Schulen und einem Verein für Migranten und Migrantinnen). Die älteren Frauen, die kaum deutsch sprechen, bepflanzen ein seperates Beetstück mit traditionellen Pflanzen aus ihren Heimatländern. Dann wird gemeinsam geerntet, gekocht und verkauft. Ich hoffe, diesen Termin nicht zu verpassen…
Ich war erfreut über das große Interesse, Teil gelebter Nachbarschaft und Nachhaltigkeit zu sein. Eine Familie war aus Berlin Buch angereist, ich vom anderen Ende der Stadt. Ein junger Mann kam aus Eberswalde und meine Freundin aus Lichtenberg. Eve aus den USA war genauso begeistert bei der Sache wie Anja aus Berlin Mitte. Mir scheint, dieser community garden für Berlin-Kreuzberg wuchert weit über die Grenzen Kreuzbergs hinaus und das ist gut so, um mit den Worten unseres Bürgermeisters zu sprechen…
Habe den Beitrag gespannt gelesen, ein superinteressantes Projekt!