Keine Angst vorm Winzer (B3 Verlag) wurde für Leute wie mich geschrieben. Es adressiert Menschen, die Wein gern mögen, kaum Ahnung davon haben und dies gern ändern möchten.
Die Autoren Tanja Klein und Rolf Klein möchten die Schwellenangst vor ernsthafter bzw. genussvoller Beschäftigung mit Wein abbauen. Dank ihres fachkundigen und liebevoll illustrierten Büchleins ‚Keine Angst vorm Winzer‘ kann der Interessierte nach der Lektüre ohne Befangenheit einen Besuch beim Winzer oder im Weinfachhandel wagen. Es ist quasi „Wegweiser, um selbstbewusst seine persönlichen Lieblingsweine zu finden.“
‚Keine Angst vorm Winzer‘ passt bequem in jede Handtasche für den Ausflug zum Winzer bzw. in die Rucksackseitentasche für die nächste Weinbergswanderung. Auch inhaltlich ist das Büchlein kompakt und stringent aufgebaut.
Zuerst einmal kann der Leser anhand kurzer Typisierungen und eines Fragenkataloges heraus finden, in welcher Wein-Freund-Kategorie er angesiedelt ist. Gelegenheits-Weintrinker, Weinliebhaber, Weinfreak oder eher Wein-Sammler?
Daran schließt sich eine kurze Einführung in’s Fach-Chinesisch bzw. Wein-Vokabular an. Aber keine Sorge:
„Um beim Winzer Wein zu kaufen und sich mit ihm darüber zu unterhalten, brauchen Sie keine Fachsprache. Sie müssen nicht einen Wein fachgerecht sensorisch analysieren und ‚ansprechen‘, sondern mit dem Winzer über seine Arbeit plaudern. Dennoch schadet es nicht, über einige Begriffe Bescheid zu wissen.
Es wird beleuchtet, welchem Zweck die Wein-Fachsprache dient, nämlich Weine zutreffend, eindeutig und nachvollziehbar zu beschreiben, und einige grundlegende Weinvokabeln vorgestellt. Außerdem werden ältere nicht mehr gebräuchliche Weinvokabeln ihren jüngeren Pendants gegenüber gestellt.
Die Autoren erläutern in einem späteren Kapitel, nach welcher Systematik Weinbeschreibungen aufgebaut sind und wie die Definitionen Auskunft über Aussehen, Geruch, Geschmack und Reifung geben.
Nun geht es in den Weinberg. Im Kapitel ‚Was Winzer wollen‘ wird alles ‚Rund um die Rebe‘ thematisiert,
- Weinberg,
- Boden u. Terroir,
- Rebschnitt,
- Austrieb,
- Blüte,
- Grüne Lese/Ertrag,
- Behandlung und Spritzen,
- Laubarbeit,
- Reife und Mostgewicht,
- Lese
gefolgt von ‚Der Arbeit im Keller‘
- Maischestandzeit,
- Gärung,
- Milchsäuregärung/Biologischer Säureabbau,
- Hefe Gärung und Spontis,
- Ausbau und Reifung,
- Barrique,
- Assemblage,
- Zucker und Wein,
- Schönung und Filterung,
- Abfüllung,
- Verschluss und Ausstattung
Zu jedem Abschnitt gibt es Konversationstipps. Mögliche Fragen oder treffende Aussagen, die man jeweils in’s Gespräch mit dem Winzer einbringen kann.
„Wie genau der Wein entstanden ist, wird mit steigender Qualität (und Preis) immer wichtiger. Präsentiert Ihnen der Winzer den Stolz des Hauses, sein Filetstückchen, ist es angemessen, sich nach allen möglichen Qualitätsschritten zu erkundigen: Alter der Reben, Pflege des Weinbergs, Ertrag, Qualität der Trauben (Jahrgang), Lese und Selektion, Gärtemperatur und -dauer, Art des Ausbaus und vieles mehr bilden die unverwechselbare Biografie eines jeden Weins.
Nach dem virtuellen Besuch im Weinberg geht es im Buch um den tatsächlichen Besuch im Weingut. Da Winzer, die ihr Weingut allein oder mit der Familie bewirtschaften, nicht zu jeder Zeit für Besucher zur Verfügung stehen, empfielt sich vorher zu prüfen, ob es Öffnungszeiten gibt, oder einen Termin zu vereinbaren.
Falls nicht gerade die Zeit der Lese ist, können Sie ggf. mit dem Winzer einen Rundgang durch den Keller (Kellerführung) unternehmen.
Auch hierfür präpariert das Büchlein ‚Keine Angst vorm Winzer‘ mit erläuternden Texten zu Traubenannahme, Kelter, Gärung, Ausbau, Reifung und Abfüllung.
Weiterhin werden der Gang durch den Weinberg, kulinarische Weinproben, typische Weinsortimente und die Verkostung beim Winzer thematisiert. Mögliche Weinmakel kommen genauso zur Sprache wie der Habitus einer Verkostung, Weinbeschreibung (mit Beispielen), sowie Fehler, die man im Gespräch vermeiden sollte.
Das Kapitel ‚Der Weg zum Winzer‘ behandelt allgemeine Informationsquellen zum Thema Wein, als da sind Weinkarten, Weinbücher, Weinführer, Weinmagazine, Internetseiten, -foren und Blogs, Weinbewertungen, Messen und Händler. Zudem werden die gängigen Weinbewertungssysteme Parker-Skala und Gault Milleau kurz vorgestellt.
Im Kapitel ‚Ran an den Wein‘ wird Rot- und Weißwein-Wissen vermittelt. Rebsorten werden via Herkunft, traditioneller bzw. bevorzugter Anbaugebiete, Charakter und typischer Vokabeln portraitiert. Auch Rosés, Schaumweine und Brände, die gelegentlich ebenfalls vom Winzer geboten werden, kommen zur Sprache.
Im Anhang gibt es als 1.Hilfe im Ausland (Wein)vokabeln auf englisch, französisch, luxemburgisch, italienisch und spanisch, gefolgt vom Glossar und einem Abschnitt für eigenhändige Wein-Notizen.
Herausgegeben wurde ‚Keine Angst vorm Winzer‘ vom B3 Verlag.
Die bemerkenswerten Illustrationen, die sowohl Buch-Banderole, als auch viele Buchseiten schmücken, stammen von Gabriel Schirmer.
Die Texte sind dank geeigneter Stilelemente und Typo übersichtlich gegliedert und angenehm zu lesen. 5 Sterne für’s Layout von mir!
Das Buch ‚Keine Angst vorm Winzer‘ bietet für den Laien verständliches, praktisch anwendbares und recht umfassendes Grundlagenweissen zum Thema Wein. Bis man alle Informationen verinnerlicht hat, braucht es allerdings eine gewisse Zeit, etwas Übung und ggf. mehrmaliges Lesen bestimmter Passagen.
Obwohl ich das Buch symphatisch, aufschlussreich und auch optisch sehr gelungen finde, ist mir das Schreiben dieser Zusammenfassung jedenfalls selbst nach zweimaligem richtig- und mehrmaligem Querlesen nicht ganz leicht gefallen. Ich hoffe, aber trotzdem, mir selbst und anderen Mut zur Lektüre und den Gang zum Winzer gemacht zu haben.
Keine Angst vorm Winzer (mehr)!
Nein, da es nicht um Pseudo-Expertise geht, sondern Grundlagenwissen. Kann keinem schaden. 🙂