Im mausgrauen Umfeld der Dauer-Baustelle S-Bahnhof Ostkreuz gibt es einen leuchtenden Farbtupfer, seit dort am Samstag das erste und einzige Geschäft für japanischen Premium-Sake Europas seine Pforten öffnete.
Nun mag man sich fragen, warum solch ein exklusives Ladengeschäft nicht z.B. in Mitte angesiedelt wurde. Das erklärt sich aus den günstigeren Gewerbemieten in dieser Gegend, wurde doch in erster Linie mehr Raum für Lager und Büro des bereits florierenden Onlinehandels benötigt. Der Showroom dient zusätzlich ortsansässigen Liebhabern des Premium-Sakes zum Abholen bestellter Ware, zum Verkosten und auch zum Training.
Susanne Rost, Inhaberin des SAKE KONTOR BERLIN hatte ihr Herz an einen Japaner, an dessen Heimatland und an Sake verloren, in dieser Reihenfolge. Bei ihrer ersten Japanreise mit ihrem Ehemann Mitsuyoshi, der in Berlin japanischen Kampfsport lehrt, wurde ihr in Nagoya von einem Freund ein Getränk in einem Weinglas angeboten.
„Es war eine klare Flüssigkeit, sah sehr rein aus und duftete zart nach Früchten und Blumen. Ich habe einen Schluck genommen und war völlig fasziniert von der schönen weichen und glatten Textur und dem reinen, frischen Geschmack und Duft. Es war ein Glas mit Sake der höchsten Qualitätsstufe (Daiginjo). Ich konnte aber kaum glauben, dass man so etwas Feines nur aus Wasser und Reis herstellen kann.
Das war im Jahr 2004. Obwohl beruflich fest im Sattel, konnte Susanne Rost dieses Glas Sake nicht vergessen und meldete ziemlich bald nach der Reise das Gewerbe SAKE KONTOR an. Sie hatte bemerkt, dass es in Deutschland nur wenig Sake in guten Qualitäten gab und auch das Wissen darüber sehr spärlich war.
Susanne begann mit einem Onlineshop für Premium-Sake. Zuerst lief der Vertrieb über andere Importeure, ab 2006 via Direktimport aus Japan. Hauptlieferant ist die Akashi Sake Brewery, deren Sake das SAKE KONTOR noch heute in Deutschland exklusiv vertreibt.
Seit 2006 konzentrierte sich Susanne Rost völlig auf den Sake, was zum einen Ausstieg aus anderen beruflichen Feldern, und zum anderen eine Ausbildung in Sachen Sake bedeutete. Letztere fand 2007 und 2008 in zwei Stufen in Japan statt und zwar bei Lehrer John Gauntner, einem Amerikaner, der in Japan lebt und auf Englisch unterrichtet.
Sake besteht aus speziellem Sake-Reis. Die Körner des Sakamai sind größer, als die des Speise-Reises. Die äußeren Schichten des Reiskornes, die den Geschmack nachteilig beeinflussen, werden wegpoliert. Im Zentrum des Reiskorns ist dagegen viel Stärke konzentriert. Die Polierrate gibt den prozentualen Anteil des verbliebenen Kornes an. Je geringer der Wert, desto feiner der Sake.
Man unterscheidet Standard-Sake (Futsushu), bei welchem Alkohol in größeren Mengen zugegeben werden darf, und den höherwertigen Premium-Sake.
Premium-Sake untersteht einem Reinheitsgebot. Für einige Sorten Premium-Sake werden Mindest-Polierraten vorgegeben. Für Premium-Sake gibt es sechs verschiedene Qualitätstypen, die sich durch Polierungsgrad, Alkoholzusatz und Fermentierungsmethode unterscheiden.
- Junmai
- Honjozo
- Ginjo
- Junmai Ginjo
- Daiginjo
- Junmai Daiginjo
Premium-Sake macht in Japan etwa 25% der gesamten Sake-Produktion aus.
„Ich gebe Einführungskurse für Gastronomie-Personal und stehe auch ständig als Ansprechpartnerin für dieses zur Verfügung. Es gibt einige Basics zu vermitteln, zum Beispiel die verschiedenen Qualitätsstufen und die grundsätzliche Herstellungsweise von japanischem Premium-Sake. Und wir veranstalten Tastings für Endkunden.
Auch wir durften dieses Reis-geschwängerte Wässerchen vergangenen Samstag in seiner Schönheit (die Etiketten sind teils kalligrafische Meisterwerke) und Vielfalt erleben.
In dem klaren, freundlichen Ambiente des SAKE KONTORs sind die Perlen japanischer Braukunst nach Typen sortiert aufgereiht. Der Raum ist mit asiatischem KIRI-Holz ausgekleidet, welches seine Eigenschaften (Leichtigkeit, Atmungsaktivität) auf wundersame Weise an den Raum überträgt. Sehr schön! Jedes Detail passt. Die kleinen handgeschriebenen Holz-Täfelchen zur Beschreibung der Sakes, die klaren Linien, die Beleuchtung…
Schön auch der Platz am Fenster. Hier kann der Unentschlossene gemütlich sitzen und sich anhand des Buches ‚Sake‘ mit der Materie vertraut machen. Oder aber in Ruhe die verschiedenen verkosteten Sakes auf sich wirken lassen.
Unsere Kehlen blieben bei der Eröffnung am Samstag selbstverständlich auch nicht trocken. Kurz nach 16 Uhr schlugen Susanne und Ihr Ehemann ein Fass Masumi Tokusen an, den wir zur Feier des Tages aus zeremoniellen Zedernholzbechern tranken. Das Zedernholzaroma verband sich angenehm mit diesem Sake der Miyasaka Brewing Company. Die Miyasaka Brewing Company ist nach der Akashi Sake Brewery die zweite Brauerei, für die das SAKE KONTOR die Verantwortung für den Vertrieb in Deutschland
übernommen hat. Darauf ist Susanne besonders stolz, handelt es sich doch um eine der renommiertesten und ältesten Sake-Brauereien in Japan, gegründet 1662.
Dann folgte eine Überraschung. Zwei genau genommen. Ursprungsland und Name des 2. verkosteten Sakes waren höchst ungewöhnlich. Es handelte sich um eine Sorte des ersten in Europa gebrauten Sakes aus der Nogne O-Brauerei in Grimstad (Norwegen).
Sein Markenname ist HADAKA JIMA, das bedeutet NACKTE INSEL und ist gleichzeitig auch die Übersetzung des Namens der Brauerei NOGNE O (es stammt aus einem Gedicht von Henrik Ibsen). Von der NACKTEN INSEL gibt es fünf Sorten, die von uns verkostete Sorte war „Nama Genshu“. Das bedeutet „unpasteurisiert und unverdünnt“. Dementsprechend war der Sake im Geschmack auch kräftiger. Hat mir gut gefallen.
© courtesy of SAKE KONTOR BERLIN
Der dritte Sake, der uns bei der Eröffnungsfeier angeboten wurde, war einer der zarten Töne. So sanft wie das Aroma ist auch der Name: MASUMI YUMEDONO „Pavillon der Träume“ von der Miyasaka Brauerei. Es ist einer der Top 3 aus dem Sortiment des SAKE KONTORS, die höchste Premium-Qualitätsstufe „Daiginjo“.
Da Sake (vor allem der höherwertige) mit enormem handwerklichen Aufwand gebraut wird und der Sake-Reis im Anbau schwieriger und demzufolge teurer als Speise-Reis ist, sind die Preise für Premium-Sake nicht gerade niedrig. Aber wer dieses traditionelle japanische Getränk einmal in’s Herz geschlossen hat, wird diesen Preis gern zahlen. Und weite Wege auf sich nehmen. Zum Beispiel zum SAKE KONTOR nahe der Dauer-Baustelle Ostkreuz…
SAKE KONTOR Berlin
Markgrafendamm 34
1045 Berlin
www.sake-kontor.de
Fotos SAKE KONTOR BERLIN (bei Facebook)
Sake (Wikipedia)
interessant, danke für die reportage. wir haben hier in wien ein sehr gutes japanisches restaurant, das eine eigene sake-karte hat. es hängt halt leider (wie immer in der gastronomie) sehr vom service ab, ob und wie beraten wird. ich hab‘ dort schon verschiedene sake(s?) getrunken, von denen mich ein jeder einzelne fasziniert hat.