Süßwasserfisch-Steckbrief #16: Maifisch

Maifisch Steckbrief
Maifisch
von Krüger [Public domain], via Wikimedia Commons

Ein Totgesagter kehrt zurück …

Süßwasserfisch Nummer 16 beim Mitmach-Event ist Maifisch ein Heringsverwandter, der einst in großen Schwärmen auf Laichwanderung in unseren Flüssen zu finden war.

Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts gilt die Art in deutschen Flüssen allerdings als ausgestorben. Der massive Rückgang setzte Ende des 19. Jh. mit Flussausbau und Wasserverschmutzung ein. Massenhaftes Abfischen von Maifisch trug zudem zum irreparablen Zusammenbruch der Population bei.
Dank eines engagierten Projektes zur Wiederansiedlung des Maifischs in Rhein und Nebenflüssen seit 2008, besteht Grund zur Hoffnung, dass der Maifisch, in seine alte Heimat zurückkehrt und beginnt, sich dort selbständig zu reproduzieren.

Übrigens soll Maifisch nicht nur ein delikater Speisefisch, sondern auch musikalisch sein, behaupten ältere Lexika. So lockte man die Tiere früher mit Schellengeläut in die Reusen. Bei Gewitter dagegen, reagieren die Tiere äußerst verschreckt. Ein Sensibelchen halt …

 
Maifisch

Namen:

latein: Alosa alosa
deutsch: Maifisch, Alse, Alose
englisch: Allis shad

Der Name Maifisch geht auf die Phase des Laichaufstiegs im späten Frühjahr zurück, in der der Herings-Verwandte mit bis hunderttausenden Fischen die Flüsse hinaufzog.

Stammbaum:

Gruppe: Knochenfisch (Osteichthyes)
Klasse: Strahlenflosser (Actinopterygii)
Ordnung: Heringsartige (Clupeiformes)
Familie: Heringe (Clupeidae)
Gattung: Alosa
Art: Maifisch (Alosa alosa)

Aussehen:

  • dem Hering ähnlich
  • silbrig weißer, metallisch glänzender Körper
  • silbrig blaugrüner Rücken
  • sägeförmig gezähnelter Bauchkante
  • 1 bis 5 dunkle Flecken hinter Kiemendeckel
  • stark gegabelte Schwanzflosse
  • halbmondförmige Augenlider
  • große, dünne, leicht ablösbare silbrige Schuppen
  • vorstehender Unterkiefer
  • Länge: 40 bis 70 cm
  • Gewicht bis zu 3 kg
Maifisch
Adulter Maifisch
Foto: Peter Beeck
mit freundl. Genehmigung Rheinischer Fischereiverband von 1880 e.V.

Gefährdung:

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts ging die Art infolge Flussbegradigungen mit Verlust der Laichplätze, Verschmutzung der Gewässer durch die Industrialisierung und durch übermäßige Befischung auf den Wanderwegen und direkt im Rheindelta in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts stark zurück. So wurden bspw. in einem Rheinmündungsarm 1852 an einem einzigen Tag 23000 Tiere gefangen.

Der Fangertrag am Rhein ging in den Niederlanden von 1890 bis 1900 auf 25 %, von 1911 bis 1920 auf 0,5 % der Menge zurück, die zwischen 1881 und 1890 gefangen worden war. Eine Erholung der Bestände war nicht mehr möglich. Den letzten dokumentierten nennenswerten Fang gab es 1949 bei Wesel mit 61,5 kg Maifisch.

Seitdem konnten nur noch sehr selten und vereinzelt Maifische im Rhein nachgewiesen werden. Genetischen Untersuchungen nach, handelt es sich um Tiere aus benachbarten Populationen französischer Flüsse, die sich in den Rhein verirrt haben. Da keinerlei Hinweise auf ein stabiles Vorkommen und eine erfolgreiche natürliche Fortpflanzung existieren, gilt Maifisch im Rheinsystem als ausgestorben bzw. verschollen.

In den meisten deutschen Bundesländern ist die Art seit Jahrzehnten ausgestorben. Maifisch steht auf der Roten Liste Deutschlands in der Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht). Die Internationale Rote Liste IUCN listet Maifisch seit 2008 aufgrund unzureichender Datenlage als (Least Concern), vorher in der der Kategorie (Data Deficient).

In Deutschland war Maifisch im Jahr 2004 Fisch des Jahres.

Schonzeiten:

Der Maifisch genießt in allen Bundesländern ganzjährige Schonfrist.

Vorkommen:

Der Maifisch ist ein anadromer Wanderfisch, der zur Laichzeit im Frühjahr, ab März/April in Schwärmen in die Mittel- und Oberläufe größerer Flüsse wandert, um sich in Laichgebieten im Hauptstrom und in den Unterläufen der größeren Zuflüsse fortzupflanzen. Maifisch kam ursprünglich in den europäischen Meeren von 62° nördl. Breite bis zum Mittelmeer in Tiefen bis 300 Metern vor, wobei über seinen maritimen Lebensraum wenig bekannt ist.

Zum Laichen benötigt der Maifisch steinig-kiesige Laichsubstrate an flachen Stellen mit stärkerer Strömung. Die nach 4-5 Tagen geschlüpften Jungfische driften flussabwärts und halten sich bis zum 2. Lebensjahr in oder in der Nähe von Flussmündungen auf. Im Alter von 3 bis 8 Jahren erreicht der Maifisch Geschlechtsreife und kehrt zum Laichen in den Fluss zurück.

Früher war der Maifisch in allen größeren, insbesondere in die Nordsee entwässernden Fließgewässern verbreitet. So kam er einst in großer Zahl unter anderem in Rhein, Ems, Weser, Elbe und deren Nebenflüssen vor, verschwand aber mit dem Ausbau der Flüsse für die Schiffahrt seit 1890 innerhalb weniger Jahrzehnte komplett aus den Flüssen Deutschlands. Lediglich in Frankreich existiert noch eine stabile Population, die für Nachzucht und Wiederansiedlungsprojekte heran gezogen wird.

Wiederansiedlung:

Im Januar 2007 hat mit Förderung der Europäischen Union ein LIFE-Projekt zur Wiederansiedlung des Maifischs im Rhein begonnen. Mit 50% von der EU ko-finanziert lief das Projekt bis Ende 2010 unter Trägerschaft des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) und weiteren Partnern, wie der Rheinfischereigenossenschaft. Mit der fachlichen Koordination des Projektes war die Stiftung Wasserlauf beauftragt.

Zwischen 2008 und 2012 wurden rund acht Millionen Maifischlarven im hessischen und nordrhein-westfälischen Rheineinzugsgebiet ausgesetzt. Die Elterntiere stammen aus der Maifischpopulation der Flüsse Garonne und Dordogne. (Südwestfrankreich).

Die künstliche Vermehrung der Maifische erfordet spezielle Techniken und ist schwieriger als bei anderen Fischarten. Die Fische wurden ausschließlich in Frankreich gezüchtet und im Larven-Stadium nach Deutschland transportiert und besetzt. Die Besatzfische wurden vor dem Besatz in den Rhein markiert, um den Erfolg der Maßnahmen überprüfen zu können.
Sporadisch wurden bereits junge Maifische aus dem Wiederansiedlungsprojekt im Niederrhein nachgewiesen, denn Maifisch-Larven lassen sich im Alter von wenigen Wochen die Flüsse hinab in Richtung Meer treiben. Erwachsene zurückkehrende Maifische aus dem Wiederansiedlungsprojekt wurden für das Jahr Jahr 2013 im Rhein erwartet.

Am 10. Juli 2013 wurde in der automatischen Videoüberwachung des Mosel-Fischpasses in Koblenz ein ausgewachsener, ca. 50 cm großer Maifisch registriert. Das war die erste Sichtung eines adulten Maifischs in der Mosel nach über 60 Jahren. (siehe Pressemeldung).
Drei im Januar 2014 in Philippsburg bei Karlsruhe gefundene Jungtiere lassen vermuten, dass sich die Maifische im Rhein wieder fortpflanzen.

Das Wiederbesiedlungsprojekt war als eines von 61 Projekten unter 229 europäischen Projektanträgen für EU-Förderung ausgewählt worden und wurde im Laufe des Projektjahres 2008 aus über 250 europäischen Mitbewerbern in Brüssel mit dem European Regional Champion Award 2008 ausgezeichnet.
2011 startete ein LIFE+-Folgeprojekt. Das Maifischprojekt wurde am 23.05.2012 von der EU-Kommission als ‚Best of the Best LIFE Natur-Projekt 2011‘ in Brüssel ausgezeichnet.

Am 06.06.2012 wurde die erste Maifisch-Zuchtanlage Deutschlands in Betrieb genommen, um die Haltungsbedingungen für Maifische in Zuchtanlagen zu optimieren und zunehmend auf die Entnahme wildlebender Tiere für Besatzmaßnahmen verzichten zu können.
Projektmanager Dr. Andreas Scharbert erläuterte „Die Maifischlarven und Eier stammen aus der im Frühjahr 2008 eröffneten Pilotanlage für die Maifischzucht in Bruch, Frankreich. Die Anlage ist europaweit einzigartig und wurde von den französischen Projektpartnern MIGADO und Irstea in Zusammenarbeit mit dem Fischzüchter Patrice Astre und dem Fischereiverband Fédération de Pêche du Lot-et-Garonne entwickelt. Der französische Fischereiverband FD 47 stellte für den Bau der Anlage Teile seiner bestehenden Fischzucht zur Verfügung. Im Jahre 2008 wurden dort circa 500.000 Maifischlarven gezüchtet und von dort nach Deutschland transportiert.“

Nahrung:

Maifisch ernährt sich von Plankton.

Nutzung:

Der Maifisch war im 19. Jahrhundert ein wichtiger Speisefisch. Maifisch war früher einer der Brotfische der Berufsfischerei am Rhein. Er trat so häufig auf, dass er als „Fisch der armen Leute“ galt.

Kulinarisch:

Maifisch war für lange Zeit ein beliebter Speisefisch. Krünitz sagt:

„Sein Fleisch ist von delicaten Geschmack: er mus aber frisch seyn.
Die Alse wird gebraten gegessen, und hierzu mus man sie schuppen, kerben, mit Butter und Salze reiben, nachher auf dem Roste bei gelindem Feuer braten lassen, bis sie eine schöne Farbe bekommen hat; sodenn kann man sie mit einer sauern Butterbrühe, mit Stachelbeer= oder Weinbeer=Safte, oder auch mit einer Sauerampf=Brühe anrichten, wozu man Sauerampf <1, 578> nimmt, und mit Salz, Pfeffer und guter frischer Butter, nach Art des Spinats, kochen läßt; man thut ein wenig Petersilie und Körbel dazu, und leget die Alose, wenn die Brühe fertig ist, hinein. Man kann sie auch mit einer Brühe von Champignons, und einer braunen Brühe mit Kappern, anrichten.“

„Die Araber trocknen ihn, und essen ihn mit Datteln.
Weder die ersten noch die lezten Alosen sind die besten. Wenn man sie delicat haben will, mus man sie, wo möglich, sobald sie aus dem Wasser kommen, sieden. Wenn sie am häufigsten sind, sind sie am unverdaulichsten.
In Ostindien ist der Alosen-Rogen eben so beliebt, wie in Rußland der Stör-Rogen, und man verzehret jährlich daselbst viele Schiffsladungen voll.“

Meyers Großes Konversationslexikon lobt den Geschmack des Maifischs wie folgt:

„Sein Fleisch wird dem des Salms am nächsten geschätzt. Er wird auch eingesalzen (Spanien, Portugal, Italien).“

Quellen und weiterführende Links:

Maifisch auf Wikipedia
Wiederansiedlungsprojekt (LIFE)
Video zum Maifisch-Wiederansiedlungsprojekt LIFE und LIFE+
Maifischzucht
Maifisch auf der Roten Liste IUCN
nationale Rote Liste der Süßwasserfische und -Neunaugen (Stand 2009; PDF)
Fischbestände in Deutschland (interaktive Karte)
Schonzeiten Deutschland

Literatur:

Oekonomische Encyklopädie von J. G. Krünitz
Meyers Großes Konversationslexikon


veröffentlicht am: 10.05.2014

noch mehr Appetit holen

Senf dazu geben

2 Kommentar(e)

  • Na da wollen wir für die Fischesser und das Gleichgewicht in der Natur hoffen, daß der Maifisch wieder heimisch wird in unseren nun relativ sauberen Gewässern.

  • Mit Hilfe der Fischtreppen, die die Staustufen umgehen, könnte es tatsächlich klappen. Wenn dem Maifisch der viel befahrene und seiner Auen beraubte Rhein nicht zu langweilig ist …

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