Neulich war ich mit Christoph, dem Organisator des 1.Berliner Diner En Blanc’s verabredet. Dies historische Treffen fand in den freundlichen Räumlichkeiten der Weinhandlung Viniculture in Berlin Charlottenburg statt. Eigentlich war geplant, ein weiteres Gespräch mit Holger Schwarz, dem Geschäftsführer von Viniculture zu führen, der zur Verkostung eingeladen hatte. Nur leider reichte unser beider Zeit am Ende nicht aus und wir griffen auf alternative Kommunikationsmittel zurück, um das Gespräch zu führen:
mk: Viniculture gibt es seit 1984 am Savignyplatz. Warst Du zuvor auch schon im Weinhandel zu Hause? Falls nicht, aus welcher beruflichen Ecke kommst Du?
H.S.: Meine Familie väterlicherseits kommt aus der Weinbrache. Mein Großvater war Weinhändler in der nähe von Landau/Pfalz. Der eine Onkel hatte eine Rebschule, der andere war Kellermeister vom Weingut Müller-Catoir.
Ich selbst hatte in der Gastronomie gelernt und bin dann während meiner Zeit in London in den Weinhandel (Oddbins) gewechselt. An Abschlüssen und Wettbewerben habe ich kaum was ausgelassen. z.B. Hotelfachschule Heidelberg (1991, staatl. geprüfter Sommelier), WSET- Diploma (2005), Deutscher Meister der Weinfachberater (2005). Seit 1996 war ich in der Weinhandlung Viniculture angestellt, 2006 habe ich den Betrieb übernommen.
© Courtesy of Viniculture
mk: In Berlin ist die Dichte an Weinhandlungen recht hoch. In welchen Facetten unterscheidet ViniCulture sich von anderen Geschäften? Die Berliner (insbesondere Charlottenburger) dürften kulinarisch und vinophil ziemlich verwöhnt sein. Wünscht Ihr Euch manchmal woanders hin?
H.S.: Nein, der Standort ist bestens. Es ist doch hilfreich, wenn die Anwohner verwöhnt sind. Wir konzentrieren uns ja auf handwerklich produzierte Weine kleinerer Güter und die haben eben ihren Preis. In den letzten Jahren haben wir zunehmend biodynamische Weine und Naturweine (nicht geschwefelt, nicht geschönt) aufgenommen, die z.T. deutschlandweit nur bei uns zu beziehen sind. Der Geschmack ist wirklich ganz anders, das hat mit „normalen“ Bio-Weinen nichts zu tun. Eine Herausforderung – auch für uns. Es macht auf jeden Fall eine Menge Spaß.
mk: Ein Ladengeschäft hat gewisse räumliche Restriktionen. Inwiefern beeinflusst dies Euer Sortiment bzw. Ausrichtung des Angebotes. Bedeutet es letztendlich gar einen Vor- statt Nachteil?
H.S.: Das Ladengeschäft hat ca. 130 qm. Da ist eine Menge Platz zur Präsentation des Angebots.Außerdem haben wir auf den kitschigen Schnickschnack bewußt verzichtet. Unsere Weine sind spektakulär genug, die brauchen keine romantische Verklärung.Wichtig ist eher die Haltung und Überzeugung der Mitarbeiter. Wir sind alle mit unserem Herzblut bei der Sache. Der offene Verkaufsraum bietet auch genug Platz für unsere Seminare und Veranstaltungen, die regen Zuspruch finden.
© Courtesy of Viniculture
mk: Gibt es die Radiosendungen auf Inforadio noch? Welche Kanäle nutzt Ihr (außer Facebook), um auf Eure Veranstaltungen und Angebot aufmerksam zu machen?
H.S.: Ja, ich berichte noch ab und zu im inforadio über bestimmte Weinthemen. Sehr hilfreich (und kostengünstig) ist unser Viniculture-Newsletter (Anmeldung: hier ). Den schreibe ich selbst – und er wird gerne gelesen. Es ist keine reine Verkaufsinfo, sondern zeigt auch immer eine persönliche Note. Da wird beispielsweise auch mal ein besonders guter Metzger empfohlen. für größere Veranstaltungen wie „Meet The Winzers“ und den WeinClub Berlin gibt es auch klassische Post.
© Wildkraut & Wanderschuh
mk: Ist für Jemanden, der aktiv soziale Netzwerke nutzt, noch dazu in einer intensiv vernetzten Branche, Kooperation ebenso wichtig wie Konkurrenz? Wer sind Eure Partner und warum?
H.S.: Konkurrenz ist natürlich da, wir führen aber zunehmend ganz kleine Individualisten, da gibts gerade genug für uns. Es gibt mittlerweile auch Anfragen aus dem Ausland (vor allem für ungeschwefelte Weine). Davor haben viele Kollegen Angst: sie befürchten diese Weine könnten schnell umkippen. Unsere Erfahrung ist gegenteilig; sie halten sich -einmal geöffnet und in den Kühlschrank gestellt- sogar noch länger genussfähig als konventionelle Weine.
Partner: Natürlich ist der Kontakt mit Multiplikatoren wichtig (Sommeliers, Weinschreiber, aber auch privaten Semi-Professionellen). Zudem ist Viniculture Gründungsmitglied des WEINBUND Berlin mit regelmäßigen Präsentationen und gemeinsamen Veranstaltungen. Durch diese bekommt man auch ein Gefühl dafür, wie der eigene Betrieb wahrgenommen wird.
mk: Ich durfte neulich bei Eurer Verkostung dabei sein. Wie häufig finden offene Verkostungen statt? Nehmt Ihr die bei Verkostungen vorgestellten Weine bzw. Weingüter in das reguläre Sortiment auf oder gibt es diese nur temporär?
H.S.: An jedem letzten Sonnabend (12 bis 18 Uhr) im Monat gibt es eine offene Weinprobe mit den Neuentdeckungen aber auch jahreszeitlich passenden oder ungewöhnlichen Weinen. Dazu frisches Landbrot und Käse.Der Eintritt ist frei.
Daneben unsere Seminare, etwa alle 2 Wochen (siehe Veranstaltungs-Pdf).
Zusätzlich noch Degustations-Menüs in Restaurants, z.B. am 5. September: VDP-Weine und Spezialitäten aus Sichuan und Shanghai im Restaurant Hot Spot. Größere Veranstaltungen sind z.B. „Meet The Winzers“, zu denen Winzer aus ganz Europa anreisen und ihre Weine im Ladengeschäft vorstellen. Außerdem natürlich der WeinClub Berlin (s. unten).
© Courtesy of Viniculture
mk: Zum Abschluss eine Frage nach Eurem geheimnisumwitterten Kellergewölbe. Wer oder was lagert da und wer darf da zu welchem Anlass rein?
H.S.: Unser Weinlager befindet sich in einem tiefen 600 qm-Gewölbekeller einer ehemaligen Brauerei in Kreuzberg. Dort veranstalten wir jede zwei Jahre am ersten Advents-Sonnabend den „WeinClub Berlin“ mit unseren Winzern, Stuart Pigotts PeepShow, bekannten DJs und vielen Gästen. Letztes Jahr zählten wir über 600 Besucher.
Bilder: hier
Das ist natürlich ein enormer Aufwand. Das gesamte Weinlager muss verlegt werden, allein für Beleuchtung und Beschallung waren zwei Sattelschlepper notwendig. Dazu mobile sanitäre Anlagen, Heizkörper, ca. 1800 belegte Schnittchen, ein paar hundert Flaschen Wein, viele km Kabel, 12 Meter Garderobe, usw. Ein ziemlicher Kraftakt, deshalb aber auch nur alle 2 Jahre.
Der Keller kann allerdings für Foto-Aufnahmen gemietet werden.
Vielen Dank Holger, für das quasi-Gespräch!
Eine Frage ist indess noch offen geblieben. Von wem stammen die wechselnden, sehr ansprechenden Kunstwerke in den Räumen von Viniculture? Diese Frage beantwortet Ihnen Holger Schwarz bestimmt gern persönlich. Bei Ihrem nächsten Besuch im Viniculture…
Viniculture GmbH
Grolmanstraße 44-45
10623 Berlin
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