Beim Zutatenkauf bin ich beherzt. Dann kaufe ich Kräuter, Gewürze oder Lebensmittel, deren Namen ich zumindest schonmal in einem Rezept gelesen hatte. Bisweilen gibt es auch Anfälle Neugier-inspirierten Leichtsinns, die mich zum Kauf völlig unbekannter Zutaten veranlassen. So wie neulich, als ich eine Tüte White Gari (made in Ghana) aus dem Asialaden heim schleppte. Das Zeug wiegt immerhin 1 Kilogramm und ich war mit den Öffis unterwegs.
Die optische Analyse des Garis ergab, dass es sich um kleine helle Flocken handelte, die ein wenig an Panko erinnern. Der Name White Gari (weißes Gari) ließ vermuten, dass es wohl auch noch andersfarbige Variationen der geheimnisvollen Zutat gibt. Bei der Recherche im Internet, wird behauptet, dass es sich bei Gari um das japanische Wort für eingelegten Ingwer handelt, was zwar stimmt, aber definitiv nicht auf meinen Kiloschweren Einkauf zutraf. Statt Ingwer handelte es sich eindeutig um Maniok, wie die Zutatenliste aufklärte.
Was genau ist Weißes Gari denn nun?
Die gründlichere Online-Recherche brachte Licht ins Dunkel. Gari heißt auch Garri, Galli oder Gali und wird aus der Maniokwurzel hergestellt. Dafür werden die Maniokwurzeln geschält, gewaschen und gerieben. Der geriebene Maniok wird einige Tage in Plastiksäcken fermentiert. Anschließend wird überschüssiges Wasser ausgepresst, das Ganze gesiebt und abschließend gebraten. Je nachdem, wie die einzelnen Schritte im Detail ablaufen, unterscheidet man verschiedene Gari-Typen: garri ijebu, garri oyo, garri ibo. Bei Garri Ibo (Yellow Gari) handelt es sich um die gelbe Variante, die durch Zugabe von Palmöl ihre knallige Farbe erhält. Für alle Varianten gilt: Das resultierende trockene Granulat ist lange lagerfähig und kann mit heißem Wasser zu einem Brei angerührt werden. Der Geschmack ist neutral und je nach Sorte, mehr oder weniger säuerlich.
Gari ist für einen Westafrikaner das, was Couscous für einen Nordafrikaner ist.
Fafa Gilbert; Blog Ndudu by Fafa (übersetzt)
Wie wird Gari/Garri traditionell verwendet?
Traditionell wird Gari zur Herstellung von Eba verwendet, zum Ball gerollter dicker Gari-Teig, der als typische Beilage zu vielen westafrikanischen Gerichten serviert wird. In englischsprachigen Artikeln finden sich diverse Anleitungen, wie man Eba richtig, also ohne Klumpen, zubereitet. Am Ende sieht das Ganze aus wie ein überdimensionaler Kloß in eierschalenfarben oder goldgelb.
In Nigeria wird Garri in einem frittierten Snack namens Kokoro verwendet, allerdings besteht dieser hauptsächlich aus Maismehl. In Liberia verwendet man Gari für das Dessert Kanyan, das mit Erdnüssen und Honig kombiniert wird. Die säuerlichere Gari-Sorte wird auch als Getränk angerührt.
Bei der Suche nach Rezepten mit Gari, abseits von Eba, stieß ich im Blog Ndudu by Fafa auf das Rezept GARI PIÑON. Hierbei handelt es sich um köstliche Bällchen aus dem fermentiertem Maniokmehl, das mit würziger Tomatensoße angerührt wurde und traditionell mit gekochtem Fleisch vermengt wird. In der Rezeptversion, die der Blogautor Fafa Gilbert vorstellt, ersetzt er für seine Lieblings-Gari-Bällchen das Fleisch durch Fisch. So habe ich es auch gemacht.
Er empfiehlt zudem, die würzige Tomatensoße einen Tag im Voraus zuzubereiten, damit die Aromen gut durchziehen. Im Originalrezept kommt noch Mixed Spice und ein Shrimp-Brühwürfel zum Einsatz. Vermutlich auch mehr Öl, als im Rezept angegeben. Denn laut Beschreibung, soll sich das Öl bei den verschiedenen Zubereitungsschritten der Tomatensoße jeweils absetzen. Das konnte ich mit den 30 ml Rapsöl nicht beobachten. Fafas Soße sieht im Foto auch fettiger aus.
Zwischen der frisch gekochten Soße und der durchgezogenen Variante konnte ich keinen nennenswerten Unterschied erschmecken, geschadet hat es aber nicht. 🙂 Bei ein paar Chilis mehr (wie in Fafas Tomatensoße), hätte man’s vermutlich deutlicher an der tauben Zunge gespürt. Jedenfalls war auch meine Tomatensoße ordentlich scharf. Die Bällchen schmeckten dann aber erstaunlich mild. Wer es schärfer mag, fährt die Chilimenge weiter hoch. Mir gefiel es aber genau wie es war, denn so kamen die feinen Aromen gut zur Geltung.
Beim Kosten habe ich kurz überlegt, woran mich der Geschmack der Fisch-Bällchen erinnert. Neben kurzen Soli von Fisch und Koriander hatte der Tenor der Gari-Fischbällchens Anklänge von Romesco-Soße und Sauerteigbrot. Das Ganze mit einer zarten Säure umrahmt, die vom fermentierten Maniok kommt. Anders als im Rezept habe ich die Masse nach dem Einrühren des Garis keine 5 Minuten lang gekocht, um den Knusper der Maniokflocken erhalten. Ich bin schwer begeistert von diesen westafrikanischen Gari-Bällchen. Die Fischbällchen werden roh zu Gemüse und der restlichen Tomatensoße gegessen. Ich hatte Staudensellerie in Fischfond gegart und mit der scharfen Tomatensoße zu den Gari-Fischbällchen gegessen. Ehrlich gesagt, hat mir die Soße zu stark dominiert. Die restlichen Bällchen habe ich mit großem Appetit pur als Snack zwischendurch gemümmelt. Auch nach 2 Tagen im Kühlschrank (nicht abgedeckt) waren die Gari-Bällchen weiterhin perfekt in Konsistenz und Geschmack.
Für das restliche 3/4 Kilo Gari habe ich bereits unorthodoxe Ideen, aber klassisches Eba werde ich sicherlich auch probieren. Bleibt dran!
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Rezept
westafrikanische Fischbällchen mit Gari
Quelle: Blog Ndudu bei FafaVorbereitungszeit: 1 h + Ziehzeit
Zubereitungszeit: 30 min
Zutaten
für 3 bis 4 PersonenFischbällchen
350 ml würzige Tomatensoße (siehe unten)400 g Heilbutt (TK)
1,5 große rote Zwiebel (Original: 2)
200 g Gari
200 ml Fischfond
20 g Koriandergrün
Salz
würzige Tomatensoße
35 g Ingwer2 große Zwiebeln
3 Knoblauchzehen
1 EL+ Anissamen (ich: gemahlen)
1 gestrichener TL getrocknete Chiliflocken
30 ml Rapsöl
½ Tube Tomatenmark
150 ml Wasser
1 große Dose geschälte Tomaten (800 g)
½ TL Muskat
3 Lorbeerblätter
Salz
Zubereitung:
Am Vortag die Tomatensoße vorbereiten:
Den Ingwer schälen und in breite Scheiben schneiden. Zwiebel schälen und vierteln. Knoblauch schälen. Ingwer, Knoblauch und Zwiebel zusammen mit dem Anissamen und den Chiliflocken im Mixer zu einer glatten Paste verarbeiten.
In einem Soßentopf das Rapsöl erhitzen. Die Paste im Öl bei mittlerer Hitze etwa 10 Minuten braten, bis die Konsistenz dicker wird bzw. das Öl beginnt sich abzusetzen. Das Tomatenmark mit dem Wasser verquirlen und zu den Gewürzen in den Topf geben. Erneut für etwa 10 bis 12 Minuten sanft braten und dabei regelmäßig umrühren, damit nichts am Topfboden ansetzt. Auch hier sollte sich das Öl von der Masse abtrennen (s.o.). Die Dosentomaten zugeben und alles 25 bis 30 Minuten mit aufgesetztem Deckel sanft kochen. Dabei gelegentlich umrühren. Die Tomaten mit einem Kartoffelstampfer zerdrücken, sofern noch nicht zerfallen. Muskat und Lorbeer zugeben, salzen und nochmal etwa 5 Minuten kochen. Mit Anis abschmecken und über Nacht ziehen lassen.
Am nächsten Tag den Heilbutt auf dem Grillrost im Backofen bei 250 °C in 15 bis 20 Minuten sanft garen. Ein Backblech mit Wasser darunter schieben. Den durch herab tropfenden Fischsud entstehenden Fond kann man verwenden, um darin Gemüse als Ergänzung zu den Gari-Fischbällchen zu garen. Den abgekühlten Fisch mit den Fingern zerpflücken. Die roten Zwiebeln schälen und fein würfeln. Koriandergrün grob hacken.
Für die Gari-Bällchen 350 ml der Tomatensoße erwärmen. Den Fisch und die Zwiebelwürfel zur Tomatensoße geben und sanft 5 Minuten köcheln. Gari zugeben und gründlich zu einer glatten Masse verrühren. Fischfond ebenfalls unterrühren. Mit Salz abschmecken. Wer eine weichere Textur des Gari mag, kocht das Ganze weitere 5 Minuten.
Den Topf vom Herd nehmen und den Koriander unter die Gari-Fisch-Masse rühren. Aus der Masse Bällchen formen. Meine waren größer als Tischtennisbälle und kleiner als Tennisbälle. Diese Bällchen zur retslichen Tomatensoße und gedämpftem Gemüse essen oder einfach so naschen...
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