Auch im Herbst muss man nicht auf wildes Grün in der Küche verzichten. Am Rande zerzauster Meerrettich-Stauden findet sich bis zum Frostbeginn oft noch junger Nachwuchs. Ich habe einen Schwung junger zarter Meerrettichblätter gepflückt und kurzerhand in Putenrouladen gewickelt. Nach dem Anbraten habe ich mit Whisky abgelöscht, Sahne dran gegeben und alles mit Tomate und Meerrettichgrün verfeinert. Das Fleisch hatte ich mir aus einem Putenstück selbst zurecht geschnitzt, was zwar kleine, aber dafür auch recht zarte Meerrettichblatt-Rouladen ergab. Wir waren total begeistert vom zarten Meerretticharoma. Es war weder bitter noch scharf. Demnach darf es beim nächsten Versuch sogar ein Blatt mehr Füllung sein…

Meerrettich, vor allem in Österreich auch Kren genannt, wächst als ausdauernde krautige Pflanze und wird einen halben bis etwas über einen Meter groß, gelegentlich auch bis 2 Meter. Die winterharte Pflanze hält Temperaturen bis −50 °C aus. Das würde ich auch gern können. Die länglichen, teilweise leicht in sich verdrehten Blätter stehen büschelweise auf Wiesenflächen und sind nicht zu übersehen. Erkennen kann man den Meerrettich auch außerhalb der Blütezeit. Reibt man Meerrettichblätter zwischen den Fingern, duften sie deutlich wie die scharfe Wurzel, die wir aus unserem Speiseplan kennen. Oder aus dem Glas.

Über die Herkunft des Namens Meerrettich streiten botanisch interessierte Historiker und historisch interessierte Botaniker. Beim Kren ist das wesentlich einfacher, ist er doch eindeutig dem Slawischen entlehnt. Die Wurzel des Meerrettichs wird zum Würzen von herzhaften Gerichten und Soßen verwendet und kommt erfreulicherweise auch öfter wieder als Solche in den Handel. Es ist doch wesentlich spannender, ein Lebensmittel direkt zu verarbeiten, als mit allerlei Zusatzstoffen versehen aus der Konserve zu kratzen. Auch regt so eine scharfe Wurzel die Kreativität an. Wer weiß, vielleicht lässt sich frische Meerrettichwurzel sparsam dosiert auch in Desserts verwenden?

Mein Augenmerk galt bei diesem Rezept aber, wie bereits erwähnt, den Blättern des Meerrettichs. Mir ist schleierhaft, weshalb die Blätter, die bei der Kultivierung der Wurzeln zwangsläufig anfallen müssen, nicht auch als Gemüse angeboten werden. Sie sind recht groß und sind prädestiniert, etwas darin einzuwickeln. Die Putenrouladen mit Meerettichblatt-Füllung werden jedenfalls nicht das letzte Essperiment dieser Art gewesen sein. Aber ein toller Anfang. 🙂

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