Eine gewisse Weitsicht kann man jenen Landschaftsgärtnern nicht absprechen, die eine Hand voll schwarzer Johannisbeerbüsche direkt neben die Zufahrtsstraße zum dauer-embryonalen Großflughafen BER pflanzten. Woher wussten die nur, dass die Büsche eher das Zeitliche segnen werden, bevor auch nur ein Auto vorbei rollt?
Eigentlich mochte ich schwarze Johannisbeeren nie sonderlich. Mit ihrem herben Geschack konnten sie den roten und gelben Geschwistern nicht das Wasser reichen. Diverse im Internet gesichtete Rezepte mit schwarzen Johannisbeeren, wie Ulrikes Schwarze Johannisbeertorte, Foodfreaks Johannisbeer-Käsekuchen und die schwarze Johannisbeermarmelade von Fool For Food weckten dennoch Begehrlichkeiten. Schön, wenn der Zufall nachhilft und man just zur Erntezeit über Johannisbeerbüsche stolpert.
Da der Früchte viele und der Geduld wenig war, konnte ich keinesfalls abwarten, bis die Läden für benötigte Kuchenzutaten öffnen würden. Okay, was sonst? Marmelade. Curd vielleicht? Im Internet fand ich ein vielversprechendes Rezept für Curd von schwarzen Johannisbeeren, welches einem der berühmten River Cottage-Kochbücher entstammt.
Ich habe das Curd weitestgehend nach Vorlage zusammen gerührt (Mengen auf meine Beerenzahl reduziert). Mittendrin erinnerte ich mich an die Zitronentarte nach D.L. nach D.C., die mit Lemon-Curd getoppt war. Ich entschied mich spontan, das schwarze Johannisbeer-Curd zur Tarte weiter zu verarbeiten.
Der Boden ist rasend schnell gemacht, so dass diesem Plan nix im Wege stand. Statt neutralen Speiseöls habe ich für den Boden Leindotterkernöl verwendet. Das gibt eine feine nussige Note.
Der Geschmack des Curds ist schlicht und ergreifend umwerfend. Als Tarte-Topping – wie schon bei der Lemon-Tarte – mit 1 knappem cm Schichtdicke nix für schwache Gemüter. Um Zucker-Overload zu vermeiden, die Tarte nur in kleinen Stücken verabreichen oder die Zuckermenge für das Curd gelinde reduzieren …
Falls sich jemand fragt, was es mit der Kunst in Titel und Foto auf sich hat: Das war ein malerischer Versuch des Mittagskochers, der mir sehr gut gefiel, aber in den Augen des Meisters leider durchfiel und ein Schattendasein hinterm Schrank fristet. Als Foto-Backdrop genial, oder?
© multikulinarisches
Rezept
schwarze Johannisbeer-(Curd-)Tarte
eine Tarte, deren schneller Mürbeteigboden durch Leindotterkernöl eine nussige Note bekommt und mit aromatischem Curd von schwarzen Johannisbeeren getoppt wird
Quelle: Curd: River Cottage (Mengen reduziert) und Tarteboden: David Lebovitz (abgewandelt)
Rezept: Peggy Schatz
Zubereitungszeit:1,5 h + 1 Nacht
Zutaten (für 1 Springform Ø 26 cm):
Curd:
400 g schwarze Johannisbeeren
80 ml frisch gepresster Zitronensaft (ca. 2 Zitronen)
100 g Butter
300 – 350 g Zucker (ich: 350 g)
5 Eier (m)
Tarteboden:
135g Butter (in Stücken)
1,5 EL Leindotterkernöl (alternativ: geschmacksneutrales Pflanzenöl)
4,5 EL Wasser
1,5 EL Zucker
1 Prise Salz
225 g Weizenmehl (Typ 405)
Zubereitung:
Die schwarzen Johannisbeeren waschen und von den Stielen ablösen.
Anschließend die Johannisbeeren zusammen mit dem Zitronensaft in einem Topf erwärmen, bis die Beeren beginnen zu saften. Dann etwa 5 bis 10 Minuten bei geringer Hitze und gelegentlichem Rühren köcheln lassen, bis die Beeren zusammenfallen.
Inzwischen in einer Schüssel die Eier verschlagen.
Den Backofen auf 210°C vorwärmen.
Die gekochten Beeren durch ein feines Sieb bzw. die Flotte Lotte drücken und das Fruchtmus in einer Metall-Rührschüssel auffangen. Butter und Zucker mit in die Rührschüssel geben.
Für den Tarteboden in einem hitzefesten Gefäß mit Deckel (ich: Glasauflaufform) Butter-Stückchen, Öl, Wasser, Zucker und Salz 15 Minuten im Backofen erhitzen bis die Butter blubbert und sich der Rand beginnt bräunlich einzufärben.
Das Gefäß herausnehmen und Mehl dazugeben. Schnell verrühren, bis die Masse einen Klumpen bildet (Achtung, nicht vergessen: die Schüssel ist SEHR HEIß)
Den Teigklumpen in die Tarteform (oder ersatzweise Springform) geben und ein wenig breit ziehen. Wenn der Teig etwas abgekühlt ist, mit dem Handballen flächendeckend platt drücken und ca. 2 cm Rand bilden. Es empfielt sich, ein Beerengroßes Stück Teig übrig zu behalten, um nach dem Backen aufgetretene Risse zu stopfen.
Den Boden vielfach mit der Gabel einstechen und 15 Minuten blind backen (ohne Backpapier), bis er goldgelb wird.
Beiseite stellen.
Für die Füllung in einem geeigneten Tof Wasser erhitzen und die Rührschüssel mit dem Johannisbeer-Mus obenauf setzen, so dass sie lediglich vom Wasserdampf erwärmt wird. So lange erwärmen und gelegentlich rühren, bis sich Zucker und Butter komplett aufgelöst haben und die Mischung glatt ist.
Die Rührschüssel vom Wassertopf nehmen und soweit abkühlen lassen, bis man bequem einen Finger eintunken kann. Dann einen Schwaps der Fruchtmischung zu den verquirlten Eiern geben, umrühren und die so angewärmten Eier in die Rührschüssel mit den schwarzen Johannisbeeren einrühren.
Die Rührschüssel wieder auf den Topf mit kochendem Wasser aufsetzen und für mindestens 15 bis 20 Minuten permanent rühren, bis die Masse sich in der Konsistenz ändert. Sie wird dick wie Pudding. Die Temperatur der Mischung sollte bei 82 bis 84°C liegen. Falls sie doch einmal zu heiß wird und zu flocken beginnt, Rührschüssel vom Dampf nehmen und kräftig glatt rühren.
Das fertige Curd in die Tarteform gießen und glatt streichen. Im Backofen 5 bis 10 Minuten stocken lassen. Bei mir waren es 5 Minuten, aber die Füllung ist noch einen Ticken zu weich geblieben.
Dann abkühlen lassen und über Nacht in den Kühlschrank stellen.
Das Leindotterkernöl wurde mir freundlicherweise kostenlos zum Testen zur Verfügung gestellt.
kühl und fruchtig-frisch und deshalb mein Beitrag zu Zorras 100. Kochtopf-Blogevent, dieses Mal von Simone aus der S-Küche ausgetragen.
Gerne doch! 😉
Leinöl würde ich auch nimals nicht im Leben zum Backen nehmen. Aber das Leindotter-Kernöl ist viel milder und unaufdringlich im Geschmack.